HARMONIEFÜLLE Wirklich verheißungsvoll klingt der Werktitel nicht. Wer benennt schon ein Kunstwerk nach der verhassten handwerklichen Seite, die eher im Verborgenen wirken soll? Bei John Adams drängt…
Konzerteinführung mit Ann-Katrin Zimmermann um 19.15 Uhr - Schumann-Eck
Preise: 73/55/45/34/22/6 EUR Flexpreise: 80/61/50/37/24/7 EUR Abos: Serie IV, VARIO
Veranstalter: Gewandhaus zu Leipzig
HARMONIEFÜLLE
Wirklich verheißungsvoll klingt der Werktitel nicht. Wer benennt schon ein Kunstwerk nach der verhassten handwerklichen Seite, die eher im Verborgenen wirken soll? Bei John Adams drängt sie in den Vordergrund. Die tönende Harmonielehre des regelmäßig Begeisterungsstürme entfachenden Amerikaners stellt dem einflussreichen Lehrbuch des Kollegen Arnold Schönberg, für dessen Zwölftontechnik Adams wenig übrighatte, ein Bekenntnis zur Tonalität entgegen. Das 1985 uraufgeführte dreiteilige Orchesterwerk fusioniert spätromantische Harmonik mit Verfahren der Minimal Music.
TÖNENDE TRAUMBILDER
Das Experiment liefert wunderbare Kantilenen, lustvoll gehüllt in Wohlklang und umrahmt von wuchtigen Anfangs- und Schlussakkorden. Nach Aussage des Komponisten ist die Musik von surrealen Traumbildern inspiriert. Der elegische Mittelsatz Die Wunde des Amfortas resultiert aus Adams’ Beschäftigung mit Schriften C. G. Jungs zu mittelalterlichen Mythologien und zum Charakter von Amfortas. Dessen Auftritt im musikalischen Gewand Richard Wagners hallt nach in Adams’ traditionsverwurzelter Musik, an der auch Mahler und Sibelius nicht spurlos vorübergegangen sind.
ABGEHOBEN
Beethovens Musik machte Adams mehrfach zum Ausgangspunkt seiner mitreißenden stilpluralistischen Versuchsreihen. Der wiederum hatte in Werken wie der 5. und 6. Sinfonie selbst mit »minimalistischen « Techniken experimentiert, etwa mit der Entwicklung großer Zusammenhänge aus kleinsten Bausteinen, mit gewaltigen Klangflächen und stetig kreisenden, subtil transformierten Wiederholungsmustern. Selbst der virtuose Kopfsatz seines Violinkonzerts wächst aus der Keimzelle eines Pauken-Mottos, und die scheinbar frei schweifende Solopartie des Mittelsatzes wird von einem stabilen Rhythmusmodell getragen.