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The symphonic concerts with the Gewandhaus Orchestra in the Gewandhaus are called ‘Grosse Concerte’. These take place on Thursday, Friday and Sunday.
Thursday Friday Sunday
Fri
08. Nov 2024
19.30 Großer Saal
Musical works of Fanny Hensel , Wolfgang Amadeus Mozart , Ludwig van Beethoven
ALS BEETHOVEN ZEITGENÖSSISCH WAR Die ersten beiden Sinfonien von Beethoven sind bereits in der Welt. Im Uraufführungsjahr der 3. Sinfonie, am 14. November 1805, wird Fanny als ältestes der…
Grosse Concerte
Isabelle Faust Violine, Antoine Tamestit Viola
Fanny Hensel — Ouvertüre C-Dur
Wolfgang Amadeus Mozart — Sinfonia concertante für Violine, Viola und Orchester Es-Dur KV 364 (KV 320d)
Pause
Ludwig van Beethoven — 2. Sinfonie D-Dur op. 36
Preise: 80/61/49/37/23/6 EUR Flexpreise: 88/67/54/41/25/7 EUR Ermäßigung für Berechtigte Abos: Serie IV, VARIO
Veranstalter: Gewandhaus zu Leipzig
Die ersten beiden Sinfonien von Beethoven sind bereits in der Welt. Im Uraufführungsjahr der 3. Sinfonie, am 14. November 1805, wird Fanny als ältestes der Mendelssohn-Geschwister vor Felix, Rebecca und Paul geboren, Beethovens Sinfonien 4 bis 9 entstehen zu ihren Lebzeiten. Haydn lebt in ihrer Jugend noch, Schubert ist nur acht Jahre älter als Fanny, mit Mozarts Sohn Franz Xaver spielt sie Duette. Sie wächst auf mit Bach, der in ihrer musikalischen Familie höchste Ehren genießt. Und sie erlebt, wie eine neue Instrumentalpoetik alles – auch das Alte – romantisch einfärbt. Fanny pflegt Umgang mit Schriftstellern und Malern ihrer Zeit und heiratet einen der letzteren, Wilhelm Hensel. Ein Glücksfall, denn er unterstützt ihre musikalischen Ambitionen, die weit über das hinausreichen, was Damen geziemt.
Neben Klavier-, Kammer- und Vokalmusik ist eine Ouvertüre erhalten. Fanny führt ihr brillantes Orchesterwerk im Juni 1834 in einer Sonntagsmusik auf, jenem wunderlichen Mittelding zwischen Privat und öffentlichem Wesen mit obligater Nachtigallen- und Fliederblütenbegleitung. Unter Fannys Stabführung spielen im Berliner Familienwohnsitz Musiker des Königstädtischen Theaters vor 150 bis 200 Gästen. Auch wenn die selbstkritische Künstlerin beklagt, nur ihr Bruder habe sich durch den ganzen Beethoven durchgelebt u. durchgeschrieben, lässt die Ouvertüre keinen Zweifel daran, dass auch Fanny ihre Klassiker aus dem ff beherrscht. Dem Orchester gebietet sie souverän, überwältigt mit dem Feuer energischer Trompeten und Pauken und verführt mit Klarinetten-Charme und Flöten-Delikatesse.
15. Nov 2024
Musical works of Anton Webern , Alban Berg , Richard Wagner , Arnold Schönberg
Bitte beachten Sie die Besetzungsänderung!
IM KREIS . . . ... seiner Schüler Webern und Berg begeht Schönberg bei uns sein Jubeljahr. An der Geburtstagstafel ist für drei weitere Gäste eingedeckt: Bach, bei dem alles beginnt und endet, Brahms…
Arnold Schönberg zum 150. Geburtstag
Augustin Hadelich Violine, Claire Booth Sopran
Anton Webern — Passacaglia op. 1
Alban Berg — Konzert für Violine und Orchester ("Dem Andenken eines Engels")
Richard Wagner — Vorspiel zur Oper "Tristan und Isolde" WWV 90
Arnold Schönberg — Monodram "Erwartung" op. 17
Please note the line-up changes
Leider ist die Sopranistin Aušrinė Stundytė erkrankt. Wir bedanken uns bei der britischen Sopranistin Claire Booth für ihre kurzfristige Bereitschaft mitzuwirken.
Die Großen Concerte am 14./15. November 2024 werden vom MDR aufgezeichnet und am 28. November 2024 ab 20:05 Uhr im Programm von MDR Kultur/MDR Klassik gesendet.
Preise: 80/61/49/37/23/6 EUR Flexpreise: 88/67/54/41/25/7 EUR Ermäßigung für Berechtigte Abos: Serie I, VARIO
... seiner Schüler Webern und Berg begeht Schönberg bei uns sein Jubeljahr. An der Geburtstagstafel ist für drei weitere Gäste eingedeckt: Bach, bei dem alles beginnt und endet, Brahms the Progressive, und Wagner, der sich selbst eingeladen hat und das Vorspiel zum antitonalitären Zirkel mitbringt. Die runde Tafelmusik beginnt mit Weberns Gesellenstück von 1908 und dem allerletzten Berg-Werk vom anderen Ende der zweiten Wiener Schulzeit 1936.
Souverän gebietet der 25-jährige Webern dem gewaltigen spätromantischen Orchester und beschwört zugleich mit dem barocken Satzprinzip der Passacaglia den zeitlosen Geist Bachs. Jedes Detail des farb- und formenreichen Satzes leitet Webern aus einem stetig kreisenden Hauptund einem Gegenthema her. Fast zeitgleich komponierte sein knapp zehn Jahre älterer Lehrer das Monodram Erwartung. Zur Uraufführung gelangte Schönbergs schneller Wurf jedoch erst vor 100 Jahren: Zemlinsky leitete 1924 in Prag die Premiere. Der Schauplatz – eine Mondnacht im Wald – scheint durch und durch romantisch. Doch das Dunkel ist zugleich Seelenraum einer Frau auf der Suche nach ihrem Geliebten, hinund hergerissen zwischen Ungewissheit, Hoffnung, Angst, Einsamkeit und Grauen.
Wir bleiben halt unverbesserliche Romantiker! Auch mein neues Violinkonzert bestätigt es wieder, resümiert Berg also mit gutem Grund gegen Ende seines Lebens. Das einmalige Konzept des Werkes stand längst, als ihn die Nachricht vom Tod der 18-jährigen, an Kinderlähmung leidenden Manon Gropius ereilte, Tochter Alma Mahler-Werfels aus der Ehe mit Walter Gropius. Im letzten Abschnitt verschmilzt die genial gebaute Zwölftonreihe mit dem Beginn des Sterbechorals Es ist genug!, den Berg aus Bachs Leipziger Kantate O Ewigkeit, du Donnerwort! BWV 60 herbeizitiert – nicht ahnend, dass er neben Manon auch sich selbst aus dem Leben verabschiedete.
22. Nov 2024
Musical works of Valentin Silvestrov , Victor Kissine , Claude Debussy , Maurice Ravel
SINNLICH UND SINNREICH Victor Kissine schreibt nie auch nur eine überflüssige Note, charakterisiert Gidon Kremer seinen langjährigen künstlerischen Partner. Seine Kompositionen lassen sinnliche,…
Gidon Kremer Violine
Valentin Silvestrov — Gebet für die Ukraine (Bearbeitung für Orchester von Andreas Gies)
Victor Kissine — Konzert für Violine und Orchester
Claude Debussy — La Mer – Trois esquisses symphoniques
Maurice Ravel — 2. Suite aus dem Ballett "Daphnis et Chloé"
Preise: 80/61/49/37/23/6 EUR Flexpreise: 88/67/54/41/25/7 EUR Ermäßigung für Berechtigte Abos: Serie III, VARIO
Victor Kissine schreibt nie auch nur eine überflüssige Note, charakterisiert Gidon Kremer seinen langjährigen künstlerischen Partner. Seine Kompositionen lassen sinnliche, geistvolle, beziehungs- und bedeutungsreiche Klangwelten entstehen. Wenige Tage nach Stalins Tod wurde Kissine im damaligen Leningrad geboren, absolvierte sein Studium am dortigen Konservatorium und lebt seit 1990 in Belgien. Sein Violinkonzert ist Kremer gewidmet, der es 2012 in Brüssel aus der Taufe hob. Eine der ersten Folgeaufführungen leitete in Berlin Mirga Gražinytė-Tyla, die bei ihrem Gewandhaus-Debüt Kissine erstmals in unseren Spielplan einführt. Die litauische Dirigentin setzt zudem unermüdlich Zeichen der Solidarität, indem sie Musik ukrainischer Komponisten Gehör verschafft. Valentin Silvestrov war selbst unter den Singenden und Betenden, die 2014 in Kiew auf den Unabhängigkeitsplatz zogen, und widmete der Protestbewegung ergreifende Chöre, die auch heute wieder Trost und Hoffnung spenden.
So nah waren sich Debussy und Ravel in ihrer Vorliebe für Sujets und Stimmungen, dass ein Plagiatsstreit ihre nie wirklich warme Freundschaft vollends erkalten ließ. Liebeleien Arkadiens und der Zauber des Wassers flossen in beider Werke ein – nicht immer zur Freude des skandalerprobten Pariser Publikums. Die einen vermissen das Meer, die anderen die Musik, fasste der Kollege Paul Dukas die Reaktionen auf Debussys impressionistische Klangstudie La Mer zusammen. Rivale Ravel hingegen las mit Genugtuung in der Premierenrezension seines Balletts Daphnis et Chloé, es habe für die Langeweile von Debussys konkurrierendem Faun entschädigt. Tatsächlich überfluten Blechbläser und Perkussionisten am Ende die Insel der Seligen mit einer rauschhaften Danse générale und bescheren dem Schäferstündchen einen ekstatischen Höhepunkt, von dem der Faun nur träumen kann.
29. Nov 2024
Musical works of Ludwig van Beethoven , Grażyna Bacewicz , Claude Debussy
KLANGSCHÖNHEITSKÖNIGIN Eine erstaunliche Künstlerin debütiert im Großen Concert: die polnische Geigerin, Pianistin und Komponistin Grażyna Bacewicz, die 1909 in Łódź geboren und früh von ihren…
Leif Ove Andsnes Klavier, Damen des GewandhausChores
Ludwig van Beethoven — 5. Konzert für Klavier und Orchester Es-Dur op. 73
Grażyna Bacewicz — 4. Sinfonie
Claude Debussy — Trois Nocturnes
Die Großen Concerte am 28./29. November 2024 werden vom MDR aufgezeichnet und am 20. Dezember 2024 ab 20:03 Uhr im Radio-Programm von MDR Kultur/MDR Klassik gesendet.
Preise: 80/61/49/37/23/6 EUR Flexpreise: 88/67/54/41/25/7 EUR Ermäßigung für Berechtigte Abos: Serie II, VARIO
Eine erstaunliche Künstlerin debütiert im Großen Concert: die polnische Geigerin, Pianistin und Komponistin Grażyna Bacewicz, die 1909 in Łódź geboren und früh von ihren musikalischen Eltern gefördert wurde. Sie studierte in ihrer Heimat Klavier, Violine, Komposition und Philosophie, und fand schließlich in Nadia Boulanger in Paris eine herausragende Lehrmeisterin und ein Vorbild für den frauenuntypischen Lebensentwurf. Bacewicz rang ihrer von Krieg und politischen Verwerfungen überschatteten Biographie ein in allen Gattungen überaus reiches OEuvre ab. Drei ihrer Sinfonien entstanden Anfang der 50er-Jahre in dichter Folge; die Vierte gelangte 1954 in Krakau zur Uraufführung. Ein überwältigendes, opulent orchestriertes Werk, das ohne Nostalgie in faszinierend eigenständiger Klangsprache die sinfonischen Traditionen des 19. ins 20. Jahrhundert katapultiert. Kurz nach der Premiere riss ein Autounfall Bacewicz jäh aus ihrer produktivsten Phase und zwang sie, das Konzertieren einzuschränken. Doch ihre Werke eroberten die Säle, sie unterrichtete an Polens Konservatorien und hatte repräsentative Ämter in kulturpolitischen Männerdomänen inne. Vor 55 Jahren verstarb Grażyna Bacewicz, deren Humor in Kurzgeschichten ebenso aufblitzt, wie in ihrer Musik.
Der Maler James Abbott McNeill Whistler und Debussy kannten sich aus Mallarmés Salon. Beide schufen unter dem Titel Nocturne experimentelle Stimmungsbilder. Die Klangfarbe des Englischhorns bestimmt die erste Nocturne aus Debussys 1901 uraufgeführtem sinfonischem Triptychon (Nuages). Die zentralen Fêtes entlocken Harfe, Holz- und Blechbläsern spukhafte Brillanz, und die Sirènes betören inmitten des subtilen Orchesterzaubers mit wortlosen Vokalisen eines Frauenchores.
06. Dec 2024
Gustav Mahler — 7. Sinfonie
DUNKEL Sonst so mitteilsam, lässt uns Mahler über konkrete Weltbezüge seiner 7. Sinfonie im Dunkeln. Zwei der fünf Sätze führen die Nacht im Titel, ein dritter ist »Schattenhaft« überschrieben. Ihm…
Sonst so mitteilsam, lässt uns Mahler über konkrete Weltbezüge seiner 7. Sinfonie im Dunkeln. Zwei der fünf Sätze führen die Nacht im Titel, ein dritter ist »Schattenhaft« überschrieben. Ihm schwebten bei den Nachtmusiken Eichendorffsche Visionen vor, behauptet Alma. An Rembrandt habe Mahler gedacht, will sein niederländischer Freund Alphons Diepenbrock wissen, der mit Mengelberg und Mahler Museen durchstreifte. Und fügt hinzu: Er sagt übrigens jedes Mal etwas anderes.
Das Ohr hat sich nur in der Nacht dunkler Wälder und Höhlen so reich entwickeln können: im Hellen ist das Ohr weniger nötig. Daher der Charakter der Musik als einer Kunst der Nacht, verdichtet Nietzsche 1881 eine spätromantische Ahnung zum Aphorismus. Dunkelheit lehrt lauschen und macht empfänglich für die leisen Klänge zartbesaiteter Instrumente wie der Gitarre und Mandoline, die der Mozart-Kenner Mahler so subtil als Reverenz an nächtliche Ständchen-Szenen einbindet. Sie sind keinesfalls die einzigen obskuren Gäste im Orchester: Ein Tenorhorn eröffnet »mit großem Ton«, und aus weiter Ferne klingen Herdenglocken herüber. Hierzu ließ sich Mahler doch Worte entlocken, wie von Proben zur Münchner Erstaufführung berichtet wird: Jene Stelle seines Werkes erscheint ihm, als ob er auf dem höchsten Gipfel im Angesicht der Ewigkeit stehe. Wie dem auf Bergeshöhe Wandelnden als letzter Gruß lebendiger Wesen nur noch der verklingende Ton fern weidender Herden herauftönt, so erscheint ihm auch jener Klang als einzig geeignet zur Symbolisierung weltferner Einsamkeit.
13. Dec 2024
19.00 Thomaskirche
Musical works of Johann Sebastian Bach
HIMMELSSCHÄTZE Im Jahr 1734 stellte Bach – teils im Rückgriff auf bereits existierende Kompositionen – sechs Kantaten für die Sonn- und Feiertage des Weihnachtsfestkreises zu einem Zyklus, dem…
WEIHNACHTS-ORATORIUM
Dorothee Mields Sopran, Marie-Claude Chappuis Alt, Patrick Grahl Tenor, Andreas Wolf Bass
Johann Sebastian Bach — Kantate "Gelobet seist du, Jesu Christ" BWV 91
Johann Sebastian Bach — 1. Kantate aus dem Weihnachts-Oratorium BWV 248
Johann Sebastian Bach — 4. Kantate aus dem Weihnachts-Oratorium BWV 248
Johann Sebastian Bach — 5. Kantate aus dem Weihnachts-Oratorium BWV 248
Johann Sebastian Bach — Kantate "Liebster Immanuel, Herzog der Frommen" BWV 123
Johann Sebastian Bach — Sanctus aus der Messe h-Moll BWV 232
Preise: 120/105/95/75 EUR Flexpreise: 132/116/105/83 EUR Ermäßigung für Berechtigte
Im Jahr 1734 stellte Bach – teils im Rückgriff auf bereits existierende Kompositionen – sechs Kantaten für die Sonn- und Feiertage des Weihnachtsfestkreises zu einem Zyklus, dem Weihnachtsoratorium, zusammen und brachte sie an den Leipziger Hauptkirchen St. Nikolai und St. Thomas zur Aufführung. Der Zyklus drängt Bachs andere Weihnachtskantaten in den Hintergrund – etwa die Choralkantate zum 25. Dezember 1724 auf Luthers Gelobet seist Du, Jesus Christ, das auch im Weihnachtsoratorium eine wichtige Rolle spielt.Nach den ersten Aufführungen vor 300 Jahren – morgens in St. Nikolai, zur Vesper in der Thomaskirche – ließ Bach diese Kantate, deren Besetzung mit Hörner-Paar und Oboen an den 4. Teil des Weihnachtsoratoriums erinnert, bis in die 1740er-Jahre mehrfach erklingen.
Zum selben 2. Leipziger Kantaten-Jahrgang gehören das für Weihnachten 1724 komponierte Sanctus, das Bach später in die h-Moll-Messe integrierte, und die Choralkantate Liebster Immanuel. Wie Teil VI des Weihnachtsoratoriums ist sie dem Epiphaniasfest zugedacht und erklang am 6. Januar 1725 erstmals. Im Gegensatz zu den eindrucksvoll schnaubenden »stolzen Feinden«, denen im letzten Oratoriumsteil ein stattliches Blechbläseraufgebot entgegentritt, verleihen Traversflöten und Oboe d’amore den Sätzen von Liebster Immanuel weltverlorene Innigkeit – etwa wenn die Soloflöte dem seine Einsamkeit besingenden Bass die Kunde von der unsichtbaren Gegenwart des Erlösers einflößt.
20. Dec 2024
Musical works of Thomas Adès , Gustav Holst
FROHE BOTSCHAFT? Als Thomas Adès 1999 mit America – A Prophecy den Auftrag Kurt Masurs für New York Philharmonic erfüllte, war er selbst überrascht, wie düster ihm die Musik geriet. Keine heroische…
Fokus: Gewandhauskomponist Thomas Adès
MDR-Rundfunkchor, Kelley O'Connor Mezzosopran
Thomas Adès — America (A Prophecy) op. 19 – Erweiterte Fassung (Uraufführung, Auftragswerk des Gewandhausorchesters, des Cleveland Orchestra und Hallé Orchestra Manchester)
Gustav Holst — Die Planeten – Suite für großes Orchester op. 32
Als Thomas Adès 1999 mit America – A Prophecy den Auftrag Kurt Masurs für New York Philharmonic erfüllte, war er selbst überrascht, wie düster ihm die Musik geriet. Keine heroische Vision einer stolzen Nation floss ihm aus der Feder, sondern ein verzweifelter Aufschrei im Angesicht der Apokalypse. Masur, der einen optimistischen Beitrag zur Reihe musikalischer »Messages for the Millenium« erhofft hatte, stockte der Atem. Gewaltiger Erfolg bei Publikum und Presse zeigte: Der 27 Jahre junge Komponist und sein kühner Premierendirigent trafen einen Nerv der Zeit. Mit den Terroranschlägen des 11. September 2001 schien die Prophecy von Adès’ Orchesterwerk schließlich auf verstörende Weise Realität zu werden. Seitdem ringt Adès mit einem dritten, ins Positive gewandten Teil. Kann das dieser Tage gelingen? Die krisengeschüttelte Welt hätte es nötiger denn je.
Weniger astronomische als astrologische Phänomene hatte der Mädchenschullehrer, Wochenendkomponist und Hobbysterndeuter Holst im Sinn, als er den Teilen seiner großartigen Orchestersuite Planetennamen verlieh. Sieben Sätze umfasst der Zyklus: Im Zentrum strahlt die fulminante Klangpracht Jupiters, des größten Planeten unseres Sonnensystems. Um ihn kreisen der infernalisch aufmarschierende Mars – komponiert kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs – und die betörende Venus. Dem eilig dahinhuschenden Merkur folgen Saturn, der mit Harfe, Heckelphon, Altflöte und Glocken überrascht, der bezaubernde Uranus und der sonnen- und erdferne Neptun. In dessen mystische Musik mischen sich menschliche Stimmen und beschwören wortlos den Zustand kosmischer Harmonie.
17. Jan 2025
Ferruccio Busoni — Konzert für Klavier und Orchester C-Dur op. 39
Bitte beachten Sie die Besetzungsänderung.
WEITER HORIZONT In Busonis Berliner Wohnung stapelten sich über 5000 wertvolle Bände, die der Universalgelehrte auf Konzertreisen sammelte und verschlang, wenn er nicht gerade Museen besuchte. Er war…
Herren des MDR-Rundfunkchores und des GewandhausChores, Igor Levit Klavier
Aus organisatorischen Gründen wird der Chor der Oper Leipzig leider nicht an den Konzerten mitwirken.
In Busonis Berliner Wohnung stapelten sich über 5000 wertvolle Bände, die der Universalgelehrte auf Konzertreisen sammelte und verschlang, wenn er nicht gerade Museen besuchte. Er war befreundet mit Dichtern wie Rilke und Zweig, der die Haltung des Pianisten auf den Punkt brachte: Er lauscht sich selber im Spiel. Star-Gehabe war Busoni fremd, doch seine Ausstrahlung und Bühnenpräsenz müssen einmalig gewesen sein. Alle großen Werkzyklen beherrschte der Lehrer einer ganzen Pianisten- und Komponistengarde auswendig und entfaltete nebenbei als Herausgeber und Autor bewundernswerte Produktivität.
Brahms hatte den jungen Künstler nach Leipzig empfohlen, und 1886 ließ sich Busoni erneut hier nieder. Die meisten seiner Werke erschienen bei Leipziger Verlagen, hier lernte er Tschaikowski und Grieg kennen, schloss Freundschaft mit Mahler und dem Gewandhaus-Konzertmeister Henri Petri. Auf Anregung von dessen Frau beschäftigte sich Busoni erstmals mit Bach-Transkriptionen und blieb lange Stammgast im Gewandhaus, das sich einer Busoni-Uraufführung rühmen darf.
Überraschend wenig konzertante Werke für Klavier und Orchester hat Busoni komponiert, kein einziges Konzert im traditionellen Sinn. In das monumentale fünfsätzige Concerto op. 39, dessen Uraufführung Busoni am 10. November 1904 in Berlin als Solist bestritt, flicht am Ende ein sechsstimmiger Männerchor aus dem Off deutsche Naturmystik-Dichtung in den opulenten Orchestersatz ein. Von befremdeten Reaktionen ließ sich Busoni nicht beirren: Kritik ist wie eine Strandwelle, die den Menschen umzuwerfen vermag; aber die Welle zerschellt und der Mensch richtet sich wieder auf.
24. Jan 2025
Musical works of Franz Liszt , Ludwig van Beethoven
OLYMPKADER MIT FACKELTRÄGER Ihre Namen sind Musik: Orpheus, der mit Saitenspiel selbst die Grenze zum Tod überwindet, und Prometheus, der die Menschen mit Kunst beseelt und befeuert. Schönheit…
Rudolf Buchbinder Klavier
Franz Liszt — Orpheus – 4. Sinfonische Dichtung S 98
Ludwig van Beethoven — 4. Konzert für Klavier und Orchester G-Dur op. 58
Franz Liszt — Sonate h-Moll S 178 (Bearbeitung für Orchester von Leó Weiner)
Franz Liszt — Prometheus – 5. Sinfonische Dichtung S 99
Preise: 80/61/49/37/23/6 EUR Flexpreise: 88/67/54/41/25/7 EUR Ermäßigung für Berechtigte Abos: Serie III
Ihre Namen sind Musik: Orpheus, der mit Saitenspiel selbst die Grenze zum Tod überwindet, und Prometheus, der die Menschen mit Kunst beseelt und befeuert. Schönheit schenkt der eine, Wahrheit der andere; Orpheus bezwingt das Gefühl, Prometheus bringt Erkenntnis. Liszt schenkt dem ungleichen Paar je eine Tondichtung. Orpheus betört mit seiner Harfe; selige Bläsermelodien und verklärte Violinsoli beschwören das Ideal des Wohlklangs. Prometheus hingegen begehrt mit wildem Tremolo und Fortissimo gegen die Götterwelt auf. Stechende Dissonanzen lassen ahnen, welche Schmerzen er für seinen Ungehorsam erdulden muss.
Beethoven fand sich in der antiken Gestalt wieder und widmete Prometheus Ballettmusik, ein Sinfoniefinale und Klaviervariationen. Ob der Mittelsatz seines 4. Klavierkonzerts von Orpheus inspiriert ist? Im Englischen trägt dieses letzte Konzert, das Beethoven selbst zur Uraufführung brachte, den Namen des legendären Sängers. Vier Monate nach der Wiener Premiere erklang es bereits im Gewandhaus, wo es zu einem Lieblingswerk wurde und Virtuosen wie Mendelssohn, Clara Schumann, Brahms, Rubinstein, Saint-Saëns in die mutmaßliche Orpheus-Rolle schlüpften.
Ungarns Mendelssohn wurde der Romantik-Schwärmer Leó Weiner genannt. Der Liszt-Stipendiat hatte an der Liszt-Akademie in Budapest studiert und fühlte sich noch als 70-Jähriger dem 70 Jahre zuvor verstorbenen Liszt verbunden. Zum Liszt- Jubiläum 1956 und zur Taufe des Liszt-Konservatoriums in Weimar arrangierte Weiner dessen h-Moll-Sonate kongenial für Orchester. Aus der wichtigsten, originellsten, gewaltigsten und intelligentesten Sonatenkomposition nach Beethoven wurde – so Alfred Brendel – das beste Orchesterwerk von Liszt.
31. Jan 2025
Musical works of Max Reger , Robert Schumann , Richard Strauss
ALSO SCHWIEG ZARATHUSTRA ... und Böcklin legte den Pinsel beiseite. Strauss’ Tondichtung ist von solcher Ausdruckskraft, dass selbst der wortgewaltige Nietzsche sprachlos lauscht; Formen- und…
Valentino Worlitzsch Violoncello
Max Reger — Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin op. 128
Robert Schumann — Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129
Richard Strauss — Also sprach Zarathustra – Tondichtung frei nach Friedrich Nietzsche op. 30
... und Böcklin legte den Pinsel beiseite. Strauss’ Tondichtung ist von solcher Ausdruckskraft, dass selbst der wortgewaltige Nietzsche sprachlos lauscht; Formen- und Farbenreichtum von Regers Klanggemälden lassen Böcklins Palette verblassen. Dabei standen die Gemälde des Schweizers im späten 19. Jahrhundert und über seinen Tod 1901 hinaus hoch im Kurs. Klinger und Hofmannsthal, Brahms und Busoni verehrten ihn. Vor Reger hatten sich bereits 20 Komponisten auf Motive Böcklins bezogen; allein 10 musikalische Werke widmen sich der in verschiedenen Varianten verbreiteten Toteninsel, die auch im Leipziger Museum der bildenden Künste zu besichtigen ist und früh in Reproduktionen Verbreitung fand. Reger widmet ihr die dritte Tondichtung, gefolgt vom Finale nach Böcklins Bacchanal. Der Geigende Eremit und das Spiel der Wellen eröffnen den Zyklus von 1913.
Als 1901 Strauss’ Zarathustra und 1918 Regers Böcklin-Suite unter Arthur Nikisch ihre Gewandhaus- Premiere erlebten, führte der legendäre Julius Klengel die Cellogruppe an. Reger eignete dem Konservatoriumsprofessor und Kammermusikpartner Werke zu und setzte ihm einen Maikäfer durchs F-Loch ins Cello, worauf Klengel bei einem anderen Konzert in Regers Klavierpart eine Notenseite mit der nackten Schönheit aus einer Illustrierten überklebte. In ernster Verfassung spielte Klengel im Gewandhaus-Quartett, trat vielfach im Großen Concert als Solist auf – dreimal mit Schumanns Violoncello-Konzert – und zog als Lehrer am Konservatorium Studenten aus aller Welt an, darunter ab 1924 Rudolf Metzmacher, den Vater des Dirigenten Ingo Metzmacher, nach dessen Ausgabe Schumanns Konzert noch heute musiziert wird. Klengels Instrument spielt nun – meistens ohne mitbrummenden Maikäfer – sein amtierender Nachfolger im Gewandhausorchester und -Quartett Valentino Worlitzsch.
14. Feb 2025
Musical works of Gustav Mahler , Felix Mendelssohn Bartholdy , Antonín Dvořák
DREI GUTE GRÜNDE, INS KONZERT ZU GEHEN 1. Ich liebe Musik und genieße die emotionalen Zustände, in die sie mich versetzt. 2. Ich brauche Musik, um Nachrichten, Stress und Alltag für einige Zeit…
Lucas & Arthur Jussen Klaviere
Gustav Mahler — Blumine – 2. Satz der Erstfassung der 1. Sinfonie D-Dur
Felix Mendelssohn Bartholdy — Konzert für zwei Klaviere und Orchester As-Dur MWV O 6
Antonín Dvořák — 8. Sinfonie G-Dur op. 88
1. Ich liebe Musik und genieße die emotionalen Zustände, in die sie mich versetzt. 2. Ich brauche Musik, um Nachrichten, Stress und Alltag für einige Zeit hinter mir zu lassen, Hoffnung zu schöpfen, ans Gute im Menschen glauben zu können und meine Energie- und Freude-Speicher aufzufüllen. 3. Ich fühle mich hinterher frei und beflügelt, ohne sagen zu können, woran das liegt.
1. Ich brauche ein Alibi für die Geburtstagsfeier meiner Schwiegermutter. 2. Ich wollte zum Valentinstag (14. Februar) eigentlich Blumen, aber habe versehentlich Bluminen erwischt. 3. Beethovens Neunte war schon ausverkauft; dann halt Dvořáks Achte, die ist billiger.
1. Ich habe eine Schwäche für sentimentale Trompetensoli. 2. Ich gehe immer ins Konzert, wenn das Gewandhausorchester Mendelssohn spielt, meine Frau geht immer ins Konzert, wenn Andris Nelsons dirigiert und unsere Tochter will unbedingt ins Konzert, weil sie für die Jussen- Jungs schwärmt. 3. Weil Mendelssohns As-Dur- Doppelkonzert und Mahlers Blumine absolute Raritäten sind.
21. Feb 2025
Musical works of Antonín Dvořák , Gustav Mahler
GEIGEN IM WALDE UND EIN HIMMEL VOLLER HARFEN Mit munterem Hörnerklang im Wald und einem heiratswilligen König, der mit prahlerischem Beckengetöse zwar das Wild vertreibt, aber dafür eine solitäre…
Christiane Karg Sopran
Antonín Dvořák — Das goldene Spinnrad – Sinfonische Dichtung op. 109
Gustav Mahler — 4. Sinfonie G-Dur
Preise: 80/61/49/37/23/6 EUR Flexpreise: 88/67/54/41/25/7 EUR Ermäßigung für Berechtigte Abos: Serie II
Mit munterem Hörnerklang im Wald und einem heiratswilligen König, der mit prahlerischem Beckengetöse zwar das Wild vertreibt, aber dafür eine solitäre Violinschönheit erheischt, fängt die Geschichte an. Nach Mord und Paukentotschlag samt Leichenschändung, weihevoll-wundersamer Wiederbelebung beseelender Blechbläserchoräle, grausiger Rache und pompöser Hochzeit haben wir das ganze Spektrum der Ausdrucksgewalt von Dvořáks Musik durchlebt: seine mitreißenden Rhythmen und die Farbenpracht seines Orchesters, zärtliche Harfen-Holzbläser- Liebesepisoden und hochdramatischen Fortissimo-Furor, dunkle Bass-Abgründe und erhebende Melodien. Schrecklich schöne Musik für ein schillerndes Schauermärchen …
Eine Konzertpause respektive drei Jahre später schickt uns Mahler mit seiner 4. Sinfonie geradewegs in einen höllischen Himmel. Diabolische Jenseitsszenarien beschwört Mahlers doppelbödig- humoristische Musik mit dem Wunderhorn- Lied Das himmlische Leben. Während scheinheilige Heilige munter metzeln, greift sich der fiedelfidele Gevatter Tod aus dem Himmel voller Geigen ein besonders verstimmtes Exemplar für seine sehr diesseitigen Auf- und Abstriche. Nach diesem Abend könnten Sie zu dem Schluss gelangen, dass es – verglichen mit Fabelfegefeuern und Höllenhimmeln – auf unserer Erde doch ganz gemütlich ist. Zumal dies eine der wenigen Welten sein dürfte, die mit Musik von Mahler und Dvořák gesegnet ist.
28. Mar 2025
Musical works of Peter Tschaikowski , Gustav Mahler /Alfred Schnittke , Alexander Glasunow
ALLE WETTER Omer Meir Wellber tanzt selbst – beim Dirigieren. Er spielt gern – Akkordeon ebenso versiert wie Klavier. Er komponiert, arrangiert und experimentiert – weil ihn ausgetretene Pfade…
Giorgia Leonardi Tanz (Mahler/Schnittke), Emilio Barone Tanz (Mahler/Schnittke), Ermanno Sbezzo Choreographie (Mahler/Schnittke)
Peter Tschaikowski — Auszüge aus "Die Jahreszeiten" op. 37b (Bearbeitung für Bläserensemble von Moshe Zorman) (Uraufführung, Auftragswerk des Gewandhausorchesters)
Gustav Mahler /Alfred Schnittke — Zwei Sätze für Klavierquartett (Bearbeitung für Klavier und Streichorchester von Omer Meir Wellber) (Deutsche Erstaufführung, Auftragswerk des Gewandhausorchesters und des London Philharmonic Orchestra)
Alexander Glasunow — Die Jahreszeiten – Ballettmusik op. 67
Omer Meir Wellber tanzt selbst – beim Dirigieren. Er spielt gern – Akkordeon ebenso versiert wie Klavier. Er komponiert, arrangiert und experimentiert – weil ihn ausgetretene Pfade langweilen. Abende mit ihm geraten meist zu Abenden über ihn, den Vielseitigen und Ideenreichen. Für das Besondere ist er ein Garant, denn das Gewöhnliche genügt ihm nicht. Und so wird Alexander Glasunows Ballett-Zyklus Die Jahreszeiten zum Ausgangs- und Zielpunkt eines besonderen Abends, der zugleich aufs Schostakowitsch-Festival vorausdeutet. Zur Ballettmusik des Schostakowitsch-Lehrers wird nicht getanzt – wohl aber zu Mahlers Klavierquartett-Scherzo, das der Schostakowitsch-Nacheiferer Alfred Schnittke aufgegriffen und weitergedacht hat. Die Bewegung der Töne, die im Konzertsaal sonst einzig zu Bewegung in unserem Innern anstiftet, verbindet sich mit sichtbarer Bewegung von Tänzern. Tschaikowskis vielgespielter und doch nie abgegriffener Klavierzyklus Die Jahreszeiten expandiert zum vielfarbigen Bläser- Werk.
Glasunows mitreißend suggestives, opulent instrumentiertes Orchesterwerk, das erstmals im Gewandhaus zu erleben ist, verband sich zur Jahrhundertwende mit einem Ballett-Einakter in vier Bildern von Marius Petipa, der auch Ballette von Tschaikowski choreografierte. Nach einem winterlichen Variationenzyklus über Frost, Eis, Hagel und Schnee folgen die milden Zephir-Winde, die Vögel und Blumen des Frühlings. Der Sommer versammelt tanzfreudige Najaden, Satyre und Faune, und dem rauschenden Herbst-Bacchanale gesellen sich noch einmal die musikalischen Gestalten aller Jahreszeiten bei, bevor am Ende eine Apotheose des Sternenhimmels, der sich unbeeindruckt über allen irdischen Wechsel wölbt, von der Zeitlosigkeit größerer Zyklen kündet.
04. Apr 2025
Anton Bruckner — 7. Sinfonie E-Dur WAB 107 (nach der Neuen Bruckner-Gesamtausgabe, herausgegeben von Paul Hawkshaw)
ESSENTIELL Würde die Regierung als Sparmaßnahme beschließen, jedes Orchester dürfe nur noch ein einziges Werk immerfort zur Aufführung bringen – das Gewandhaus würde wohl Bruckners Siebte wählen.…
Großes Concert der Gesellschaft der Freunde des Gewandhauses zu Leipzig e. V.
Würde die Regierung als Sparmaßnahme beschließen, jedes Orchester dürfe nur noch ein einziges Werk immerfort zur Aufführung bringen – das Gewandhaus würde wohl Bruckners Siebte wählen. Mendelssohns Schottische ist leider nicht abendfüllend, Beethovens Neunte schnappen sich gewiss die Wiener und die Beziehung zu Brahms war von Anfang an kompliziert. Hingegen ist Bruckners Siebte mit dem Gewandhausorchester, das sie zur Uraufführung gebracht und dem Komponisten damit zum Durchbruch verholfen hat, bis heute einzigartig: das größte, tiefste und höchste der Gefühle. Man sollte diese kongeniale Werk-Interpreten-Symbiose sofort zum Weltkulturerbe erklären, gerne unter Leitung von Ehrendirigent Herbert Blomstedt. Er bekommt mittlerweile Standing Ovations schon mit seinem ersten Erscheinen auf der Bühne. Und nach dem Schlussapplaus für Blomstedt muss regelmäßig die Statik des Großen Saales überprüft werden.
»Mit!« – Kenner wissen sofort, was das zu bedeuten hat. Bruckners Siebte erreicht ihren absoluten Höhepunkt inmitten des mystischen Adagio-Satzes. Gewaltige Steigerungswellen rollen zu auf jenen überwältigenden, unwiederholbaren Moment, der wie eine heilige Handlung zelebriert wird: mit dem einmaligen Ereignis eines Beckenschlages. Die Quellenlage ist vertrackt, der Beckenschlag könnte auf den Premierendirigenten Arthur Nikisch zurückgehen, und Bruckner gab der Nachwelt mit vielschichtigen Ergänzungen, Streichungen und Streichungen der Streichungen harte Nüsse zu knacken. Die neueste Werkausgabe – und mit ihr Blomstedt, der lange skeptisch war – entscheidet nun für den Beckenschlag.
11. Apr 2025
Musical works of Johannes Brahms , Ludwig van Beethoven
FUNDSTÜCKE Das Vermögen der Musik, Menschen und Gesellschaft zu verändern, stand für Beethoven außer Frage. Die Neunte lässt ihre weltumspannende Botschaft mit Schillers Worten explizit werden. Aber…
Francesco Piemontesi Klavier
Johannes Brahms — 2. Konzert für Klavier und Orchester B-Dur op. 83
Ludwig van Beethoven — 7. Sinfonie A-Dur op. 92
Preise: 80/61/49/37/23/6 EUR Flexpreise: 88/67/54/41/25/7 EUR Ermäßigung für Berechtigte Abos: Serie I
Das Vermögen der Musik, Menschen und Gesellschaft zu verändern, stand für Beethoven außer Frage. Die Neunte lässt ihre weltumspannende Botschaft mit Schillers Worten explizit werden. Aber auch seine instrumentalen Sinfonien künden davon: Die Dritte, die Musik als lebensspendende, beseelende Göttergabe in Szene setzt. Die Fünfte, die Befreiung erlebbar macht. Die Sechste, die Natur und Religion als enge Verbündete zu erkennen gibt. Oder die Siebte, die Zeit zelebriert und Bewegung, Rhythmus und Puls als Lebensprinzipien erkundet.
Beethovens vier populärste Orchestersinfonien 3, 5, 6 und 7 entstanden innerhalb eines Jahrzehnts. Zur Siebten von 1811/12 deutet eine Konversationsheft- Notiz an, dass Beethoven ihr Hinweise beigeben wollte, denn das sucht ja niemand darin. Woran er dachte, bleibt sein Geheimnis – spekuliert wurde viel darüber. Der Rezensent der Allgemeinen Musikalischen Zeitung kommt der wortlosen Wahrheit der Musik vielleicht am nächsten: Das Schönste, der Geist des Ganzen, lässt sich hier, wie nirgends, in Worte fassen.
Brahms entlarvt das Sprachversagen angesichts von Musik auf seine Weise. Als winzigkleines Konzert kündigt er seiner Leipziger Freundin Elisabeth von Herzogenberg das bis dato längste Konzert der Musikgeschichte an. Den Zu-Satz des 2. Klavierkonzerts, der die traditionellen drei Sätze zu vieren erweitert, nennt er ein kleines, zartes Scherzo. Es ist mit Allegro appassionato überschrieben, gewaltig groß und in seinem düsteren d-Moll alles andere als zart. Ein Täuschungsmanöver? Oder ein ironischer Wink, dass sich der Geist des Ganzen eben nicht in Worte fassen lässt?
18. Apr 2025
Johann Sebastian Bach — Matthäus-Passion BWV 244
SIND BLITZE, SIND DONNER Wozu dienet dieser Aufwand? Von allen Seiten bestürmen uns Stimmen. Wir können den Fragen und Klagen, dem Wen? Was? Wie? und Wohin? nicht entkommen. Lass ihn kreuzigen!,…
PASSION
Francesca Aspromonte Sopran, Valerie Eickhoff Alt, Mauro Peter Tenor (Evangelist), Florian Sievers Tenor (Arien), Jonas Müller Bass (Christus), Manuel Walser Bass (Arien)
Preise: 80/61/49/37 EUR Flexpreise: 88/67/54/41 EUR Ermäßigung für Berechtigte
Wozu dienet dieser Aufwand? Von allen Seiten bestürmen uns Stimmen. Wir können den Fragen und Klagen, dem Wen? Was? Wie? und Wohin? nicht entkommen. Lass ihn kreuzigen!, hetzen gleich zwei Chöre und Orchester von den Emporen der Thomaskirche – und wir mittendrin. Immersiv, inklusiv, intensiv – seit fast 300 Jahren ist Bachs Matthäuspassion jeder Zeit, Technik und Terminologie voraus.
Dem Spott vieler steht das Mitleid einzelner entgegen, jenes herzzerreißende Doppelgefühl von Liebe und Schmerz, das in ergreifenden Arien glüht. Wer gewinnt uns? Die leise Solostimme oder die laute Menge? In einer von Informationen überfluteten Kultur besteht der revolutionärste Akt vielleicht darin, so wenig wie möglich so leise und so langsam wie möglich zu sagen, stellte Alex Ross fest. Bachs Arien durchbrechen die »greller, schneller, lauter«-Spirale unserer Schlagzeilenschlagzahl. Zwei kurze Sentenzen breitet der Alt im Dialog mit der solistischen Violine sieben magische Minuten lang in ruhigem Piano aus. Schon bei den ersten beiden Worten verweilt die Musik unendlich lang und wird nicht müde, sie zu wiederholen: Erbarme dich.
Die Passion verleiht menschlicher Not raumgreifend Ausdruck. Wo die Welt aus den Fugen gerät, wo Leid zu Light verdünnt wird, wo die alten Werte der Kirchen vor Kardinalsverbrechen und Kapitalstugend kapitulieren, wo Welterklärungskompetenzgerangel und Buhlen um Gottesgunst Kriege befeuern, da macht der Meister des Kontrapunkts Gegenstimmen hörbar. Bachs mehrchörige Stimmenvielzahl lässt Einseitigkeit nicht zu, seine Dissonanzen weichen dem Leid nicht aus, seine Rezitative machen Berichte berührend, seine Arien geben individuellen Sichtweisen Raum und seine Choräle begegnen dem Gegeneinander mit tröstlicher, versöhnender Gemeinschaft.
25. Apr 2025
Musical works of Pierre Boulez , Maurice Ravel , Béla Bartók
DENKER UND LENKER Pierre Boulez, der große Meister der Musik des 20. Jahrhunderts, war nie Gast im Gewandhaus. Nur eines seiner Werke ist bislang im Großen Concert erklungen (Notations 1991). Einzig…
Pierre Boulez zum 100. Geburtstag
Pierre-Laurent Aimard Klavier
Pierre Boulez — Éclat für 15 Instrumente
Maurice Ravel — Konzert für Klavier und Orchester G-Dur
Béla Bartók — Der holzgeschnitzte Prinz – Tanzspiel in einem Aufzug op. 13 (Sz 60)
Pierre Boulez, der große Meister der Musik des 20. Jahrhunderts, war nie Gast im Gewandhaus. Nur eines seiner Werke ist bislang im Großen Concert erklungen (Notations 1991). Einzig die Musica nova-Reihe, die Boulez auch im Jubiläumsjahr mit einer Hommage ehrt, zollte seinen hochkomplexen Kompositionen immer wieder Tribut. Vor 100 Jahren wurde Boulez an der Loire geboren, und nach dem Musikstudium in Paris nahm seine bemerkenswerte Karriere rasch Fahrt auf. In den 1950er-Jahren etablierte er sich als Komponist mit Vorliebe für Enigmatisches, in den 60ern als (autodidaktischer) Dirigent mit phänomenalem Gehör und markanter Gestik. Ein Schlüsselwerk aus der Zeit seiner frühen Erfolge ist Éclat für die einzigartige Kombination von 15 Instrumenten: Klavier, Harfe, Celesta, Glockenspiel, Vibraphon, Mandoline, Gitarre, Cimbalom, Röhrenglocken, Altflöte, Englischhorn, Trompete, Posaune, Bratsche und Violoncello. Vor 60 Jahren – am 26. März 1965, Boulez’ 40. Geburtstag – gelangte Éclat in Los Angeles zur Uraufführung.
Als Dirigent schrieb Boulez Interpretationsgeschichte. Was er zur Musik Debussys und Ravels, Strawinskys und Bartóks beizutragen hatte, war stilbildend und besitzt Reverenz-Charakter. Seine Meinungen waren streitbar, sein musikalisches Genie unstrittig. Als Boulez 1975 das Ensemble InterContemporain gründete, saß ein gewisser Pierre-Laurent Aimard am Klavier und gehörte der Gruppe viele Jahre an, bis seine Solokarriere ihn ganz in Beschlag nahm. Auch den Klavierpart in Éclat hat Aimard viele Male gespielt, und sein Zugang zur Musik Ravels dürfte nicht zuletzt von Boulez geprägt sein.
02. May 2025
Musical works of Johannes Brahms , Edward Elgar
SCHON GEHÖRT? Lang ist diese neue Sinfonie von Johannes Brahms glücklicherweise nicht, unkte der Leipziger Kritiker, als Brahms am 7. Februar 1884 seine Dritte im Gewandhaus dirigierte. Er hat recht:…
Frank Peter Zimmermann Violine
Johannes Brahms — 3. Sinfonie F-Dur op. 90
Edward Elgar — Konzert für Violine und Orchester h-Moll op. 61
Lang ist diese neue Sinfonie von Johannes Brahms glücklicherweise nicht, unkte der Leipziger Kritiker, als Brahms am 7. Februar 1884 seine Dritte im Gewandhaus dirigierte. Er hat recht: Diese kürzeste unter Brahms’ Sinfonien blickt weniger in die Weite, als in die Tiefe. Der Meininger Kapellmeister Hans von Bülow zog daraus wenige Tage später eine kühne Konsequenz: Er ließ die Novität seines Freundes in einem Konzert gleich zweimal spielen. Und prompt entfalteten sie ihre Wirkung, die harmonischen Wunder des ersten Satzes und die Innigkeit des zweiten, das nicht zu Scherzen aufgelegte Scherzo und das geheimnisvolle Finale.
Kürze kann man Elgars Violinkonzert nicht vorwerfen. Fritz Kreisler hatte 1905 den Anstoß zur Komposition gegeben, als er Elgar auf die gleiche Stufe mit meinen Idolen Beethoven und Brahms erhob und sich wünschte, Elgar würde etwas für die Violine komponieren. Elgar, der selbst passabel geigte, las davon in der Zeitung, griff geschmeichelt zur Feder und notierte einige Ideen. Mehrfach musste Kreisler nachhaken, bis er vier Jahre später endlich die Noten erhielt. Damit werde ich die Queen’s Hall zum Erbeben bringen, prognostizierte er – und behielt recht. Ein Jahr nach der Premiere unter Elgars Leitung sorgte Arthur Nikisch mit seinem Konzertmeister und Schwiegersohn Edgar Wollgandt als Solist im Gewandhaus für ein Nachbeben. Seitdem ist das herrliche Konzert mit den typisch Elgar’schen Nobilmente-Themen und der atmosphärischen Solokadenz nur zweimal mit dem Gewandhausorchester erklungen.
Thu
19. Jun 2025
Musical works of Johann Sebastian Bach , Arthur Honegger , Johannes Brahms
KONZERTIEREN STATT KONKURRIEREN Den wertvollsten Gewinn musikalischer Wettbewerbe macht immer das staunend anteilnehmende Publikum. Das war vor 75 Jahren nicht anders, als die Bach-Welt an den 200.…
Im Rahmen des Bachfestes
Preisträgerinnen und Preisträger des Bach-Wettbewerbs Leipzig 2025 Klaviere, Jonathan Müller Trompete
Johann Sebastian Bach — Konzert für drei Klaviere und Orchester d-Moll BWV 1063
Arthur Honegger — 2. Sinfonie für Streichorchester und Trompete H 153
Johannes Brahms — 4. Sinfonie e-Moll op. 98
Den wertvollsten Gewinn musikalischer Wettbewerbe macht immer das staunend anteilnehmende Publikum. Das war vor 75 Jahren nicht anders, als die Bach-Welt an den 200. Todestag des Komponisten erinnerte und am Ort der zentralen Feierlichkeiten in Leipzig erstmals der Bach-Wettbewerb ausgetragen wurde. Auch Bachs d-Moll-Konzert für drei Klaviere stand auf dem Programm, und ein prominentes Jury-Mitglied der sowjetischen Delegation übernahm einen der Soloparts: Der Bach- Bewunderer Dmitri Schostakowitsch, der im Anschluss außerdem für die erste Preisträgerin Tatjana Nikolajewa die Bach-inspirierten 24 Präludien und Fugen op. 87 komponierte.
Dass Johannes Brahms ein Kenner und Verehrer der Musik Bachs war und ihr verschiedentlich die Reverenz erwies – etwa indem er die 4. Sinfonie und damit sein sinfonisches Schaffen insgesamt mit einer Chaconne im Geiste Bachs beschloss – ist kein Geheimnis. Doch auch der Schweizer Wahl-Franzose Arthur Honegger zählte Bach zu seinen großen Vorbildern. Die 2. Sinfonie entstand zur Besatzungszeit 1941 in Paris für den Mäzen und Premierendirigenten Paul Sacher und lässt ahnen, wie sehr dem Komponisten das Weltkriegsgeschehen auf der Seele lastete. In fahle Streicherfarben kleidet Honegger die kreisenden Gedanken, dringt in fröstelnde Höhe vor und lotet bodenlose Tiefe aus, treibt Einzelstimmen auseinander und schweißt das Ensemble zur Schicksalsgemeinschaft zusammen. Erst im Finale, das von Bach’scher Polyphonie verwirbelt ist, leuchtet plötzlich Trompetenglanz auf und lässt die alles überwölbende Choralmelodie am Ende als visionäres Hoffnungs- und Versöhnungszeichen hell strahlen.