Do

19. Okt 2023

20 Uhr
Großer Saal

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Werke von Joseph Haydn , Aziza Sadikova , Anton Bruckner

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NIE NULLNUMMERN Dieser Dirigent ist immer für Überraschungen gut. Omer Meir Wellbers Repertoire ist so breit wie ungewöhnlich, sein interpretatorischer Zugriff energiegeladen und unkonventionell. Was…

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NIE NULLNUMMERN

Dieser Dirigent ist immer für Überraschungen gut. Omer Meir Wellbers Repertoire ist so breit wie ungewöhnlich, sein interpretatorischer Zugriff energiegeladen und unkonventionell. Was sonst im Schatten steht, holt er ans Licht: Haydn, den andere für harmlos halten, Bruckners Nullte, die selbst in zyklischen Aufführungen übergangen wird, und das Akkordeon als Außenseiter im klassischen Konzertleben. Für Letzteres erging ein Kompositionsauftrag an die Wahlberlinerin Aziza Sadikova. Sie wurde in Taschkent in eine Musikerdynastie hineingeboren und absolvierte ihr Studium in ihrer Heimat Usbekistan und in England. Als diplomierte Konzertorganistin weiß sie, was sich der Schuke-Orgel und dem Akkordeon entlocken lässt, dessen klangerzeugende Zungen einer Registergruppe der Orgel verwandt sind.

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Haydns d-Moll-Sinfonie trägt in der ältesten überlieferten Quelle den Titel »Passio et Lamentatio« und zitiert Musik traditioneller Passionsspiele. Unmittelbar nach der aufgewühlten Eröffnung meldet sich in Oboe und Violine ein Choral, der mit Worten des Evangelisten, Jesu und der Juden korrespondiert. Auch der zentrale, ausgedehnte Mittelsatz – eine orchestrale Choralbearbeitung – basiert auf einer liturgischen Melodie, die denselben Instrumenten anvertraut ist. Hier klingen die Lamentationes Jeremiae an. Das finale Menuett will weder zum Vorausgehenden passen, noch ziemt die beklemmende Stimmung, die zerklüftete Intervallik und Dynamik dem zierlichen Charakter des Tanzes.

DIE (DREIVIERTEL)STUNDE NULL

Im sinfonischen Zusammendenken geistlicher und weltlicher Dimensionen begegnen sich Haydn und der hauptamtliche Kirchenmusiker und Organist Anton Bruckner. Veranlassten missgünstige Äußerungen Bruckner dazu, seine entstehungschronologisch dritte Sinfonie aus dem Jahr der Übersiedelung nach Wien 1869 zur Nullten zu erklären? »Ungiltig«, »nur ein Versuch«, »ganz nichtig«, »annulirt« und eine durchgestrichene Null summieren sich auf der Partitur zum Bruckner’schen Aversionsakkord. Bis zum 100. Geburtstag des Schöpfers am 10. Oktober 1924 musste das Meisterstück auf seine Premiere warten. Die Leipziger Erstaufführung sollte 1933 Bruno Walter dirigieren. Zur Generalprobe musste er dem Druck der Nationalsozialisten weichen.