Ausgabe Nr. 73

Interview mit Ulf Schirmer

Vor zwei Jahren kam Ulf Schirmer als neuer Generalmusikdirektor nach Leipzig. Dem »Gewandhaus-Magazin« vertraute er damals an: »Nachdem ich mir in München einen Ruf als ›Ausgräber‹ erworben habe, werde ich Ähnliches wohl auch in Leipzig tun.« Doch zum Ausgraben sollte er gar nicht so recht kommen: Seit dieser Spielzeit ist der Chefdirigent des Münchner Rundfunkorchesters auch noch Intendant der Oper Leipzig. Wir fragten ihn:

Herr Professor Schirmer, wollen wir zunächst über den einzigen erfolgreichen Zweig reden, den die Leipziger Oper momentan aufzuweisen hat, nämlich das Ballett?
Ulf Schirmer: Fragen können Sie mich alles. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir mit der Musikalischen Komödie über eine ebenfalls sehr erfolgreiche und ausgelastete Sparte verfügen.

Um zunächst beim Ballett zu bleiben: Welche besonderen Anforderungen muss ein Ballettorchester erfüllen?
Schirmer: Es muss Übung im Ballettspiel haben. In Europa sind es meist Opernorchester, die gut im Ballettspiel sind. Denn in der Oper müssen die Musiker genauso flexibel auf Temporückungen reagieren wie im Ballett, und zwar kollektiv. Ein reines Konzertorchester ist oftmals nicht in der Lage, Tempi in Sekundenschnelle zu ändern. Das vermag in der Regel nur ein trainiertes Opernorchester. Eine zusätzliche Schwierigkeit im Ballett ist, dass sich die Musiker nicht vom Ohr überzeugen lassen können, warum sie plötzlich ein Tempo ändern müssen. Sondern das geht nur nach dem Schlag des Kapellmeisters.

Kommt es vor, dass Sie als Ballettdirigent ganz andere Vorstellungen von der Musik haben als das, was die Choreografie vorgibt?
Schirmer: Das ist sogar eine der größten Schwierigkeiten beim Ballettdirigieren. Sie lesen eine Partitur und bekommen ein bestimmtes musikalisches Bild von dem Stück. Aber dann müssen Sie auf die Tänzer reagieren, ohne dass es sich Ihnen vom musikalischen Sinn oder wenigstens vom Hören her erschließt, warum Sie an einer Stelle bremsen und an einer anderen Stelle beschleunigen müssen. Das geht nur über die Optik, und das widerstrebt einem Musiker. Er ist sofort bereit, einer Sängerin oder einem Sänger nachzugeben. Aber langsamer zu spielen, nur weil der Schlag des Kapellmeisters langsamer wird, das sind Mechanismen, die kein Musiker gern hat. Vor allem, weil sie musikalisch in sich oftmals nicht logisch sind.

Welchen Raum nimmt das Ballett im Spielplan Ihres Opernhauses ein?
Schirmer: Das lässt sich klar in Zahlen ausdrücken: etwa 100 Opernabende, etwa 40 Ballettabende.

Und wenn Sie es nicht mit Zahlen, sondern von der Bedeutung her ausdrücken sollten?
Schirmer: Das Ballett hat im Moment einen hohen Zuspruch. Das ist ein Pfund, mit dem man wuchern sollte. Es gibt sehr interessante Tourneeanfragen für die Compagnie, die ich mich bemühe, positiv zu behandeln. Gerade ist sie aus Südamerika wiedergekommen, da steht wohl eine Wiedereinladung an. Es wird eine Spanientournee geben. Ich glaube jedoch nicht, dass wir die Zahl der Auftritte extrem erhöhen können. Uns stehen dafür gar nicht so viele Orchesterdienste zur Verfügung.

Sie wollen Ihr Haus erklärtermaßen wieder zu einem Repertoiretheater machen. Was ist darunter im 21. Jahrhundert zu verstehen?
Schirmer: Im Grunde regiert ein Kanon von etwa 100 Opern die Theater weltweit. Von diesen 100 Opern wiederum sind 30 dem Publikum wirklich bekannt. Zu Hause habe ich ein Archiv mit 26 000 Operntiteln, und das ist längst nicht vollständig. Das heißt, jener Kanon ist eigentlich eine unglaubliche Verengung. Dennoch muss das Repertoire eines deutschen Stadttheaters dem Umstand Rechnung tragen, dass es diesen Kanon gibt, ansonsten bleibt das Publikum aus. Erschwerend kommt hinzu, es gibt kein Bildungsbürgertum mehr, das besagten Kanon intus hätte, und er spielt auch im Schulunterricht kaum noch eine Rolle. Umso mehr müssen wir uns bemühen, wenigstens die bekannten Titel zu halten und in hoher Qualität zu bringen. Damit sind wir bei den Anforderungen an das Repertoire: Es muss so inszeniert und das Bühnenbild so gebaut sein, dass ein Werk 15 Jahre hält und mit nicht allzu hohem Aufwand immer wieder eingepflegt werden kann nach einer Spielpause. Unter diesen Aspekten versuche ich den Spielplan zu gestalten.

Verträgt sich das mit dem Bildungsauftrag? Bekommt Ihr Opernhaus Subventionen dafür, dass es ständig »Zauberflöte«, »Fledermaus« und »La Traviata« spielt?
Schirmer: Das Haus wird tatsächlich dafür subventioniert. Denn wenn wir es nicht spielen, spielt es hier keiner. Wir sind ein städtisches Theater und haben einen städtischen Auftrag. Ich meine, dass ich dem Bildungsauftrag gerade dadurch nachkomme, indem ich wenigstens diese Kernstücke unserer Kultur zu erhalten versuche.

Was machen die Theater in 100 oder 200 Jahren, wenn wir heute den Anspruch aufgeben, auch neuen Werken auf die Bühne zu verhelfen?
Schirmer: Da kann ich Ihnen ganz beruhigend sagen: In 100 Jahren sind wir alle tot.

Haben wir gegenüber der Nachwelt keine Pflichten?
Schirmer: Es hängt von den örtlichen Strukturen ab, inwieweit man ihnen nachkommen kann. In München etwa grabe ich mit dem Rundfunkorchester nur unbekannte Opern aus und begründe das mit dem Bildungsauftrag des Rundfunks. Ich kann das tun, weil die Staatsoper in München das liefert, was ich für Leipzig einfordere. In Leipzig dagegen kann ich nicht am laufenden Band unbekannte Opern spielen. Damit würde ich zum einen das Theater leer spielen, und zum anderen: Wenn nicht wir die bekannten Opern aufführen, dann tut es hier in der Stadt niemand.
Selbstverständlich werde ich das immer kontrapunktieren mit neuerer Musik. Nur wird das prozentual nicht so einen hohen Stellenwert haben. Zum Beispiel bereiten wir gerade für nächstes Jahr eine große Uraufführung vor, eine Komposition von Johannes Harneit nach Stücken von Gero Troike. Inszeniert wird der Doppelabend, der auf der großen Bühne und gleichzeitig im Kellertheater stattfinden soll, von Peter Konwitschny.

Andernorts schwört man mittlerweile auf den Stagione- oder Semistagione-Betrieb. Sie jedoch halten eisern am Repertoiretheater des 19. Jahrhunderts fest?
Schirmer: Das hat unter anderem finanzielle Hintergründe. Ein Stagione- oder Semistagione-Betrieb kostet schlichtweg mehr Geld, weil Sie nur eine niedrige Vorstellungszahl pro Stück haben und dadurch ständig neu produzieren müssen. Wir können aus unserem regulären Etat vier Neuproduktionen pro Saison bestreiten. In den nächsten zwei Jahren schaffen wir es sogar, fünf Premieren zu spielen. Aber Sie können mit fünf Opern keinen Stagione-Betrieb unterhalten.

Sind Sie nicht als junger Dirigent aus Mannheim geflohen, weil Sie den Repertoirebetrieb mit 50 Opern nach eigener Aussage unerträglich fanden?
Schirmer: Auf 50 Opern werden wir in Leipzig niemals kommen. In der nächsten Spielzeit sind wir bei 25, und mein Ziel sind 30 Opern. Das ist das Maximum, was das Haus überhaupt leisten kann.

Nicht lange her, da sagten Sie für das gesamte Opernsystem einen Umbruch voraus, der eine Abkehr vom Repertoiretheater mit sich bringen werde. Stemmen Sie sich jetzt gegen die eigene Prophezeiung?
Schirmer: Was ich immer mehr zu entwickeln versuche, das ist ein regionales Konzept. Ich glaube, dass sogar ästhetisches Denken verwoben ist mit regionalen Bezügen, es also keine Ästhetik an sich gibt. Das heißt nicht, dass man am überregionalen ästhetischen Bühnendiskurs nicht teilhaben soll. Aber man muss die Bevölkerung berücksichtigen, die das jeweilige Opernhaus finanziert. Leipzig hat nur 500 000 Einwohner, uns gegenüber steht ein hervorragend funktionierendes Gewandhaus mit einem starken Konzertbetrieb. Das ist eine grundlegend andere Situation als etwa in München, wo es ein überbordendes Kulturleben mit mehreren Häusern und Orchestern gibt. So bin ich zu dem Schluss gekommen, dass in Leipzig ein anderes Konzept her muss.

Früher spielte die Leipziger Oper nahezu jeden Abend. Heute sind es drei, vier Abende pro Woche. Wie sehen Sie das Verhältnis von Spielverhalten und Repertoirepflege?
Schirmer: Das ist ein sich verengender Korridor, der schlichtweg der Entwicklung des Tarifrechts geschuldet ist. Eine Oper spielt ja nicht freiwillig weniger. Sondern die Entwicklung der Tarif- und Kollektivverträge bringt es mit sich, dass immer weniger Dienste und Arbeitsstunden zur Verfügung stehen, bei den Mitarbeitern in Technik und Verwaltung genauso wie beim künstlerischen Personal.

Was bedeutet das für die Qualität des Repertoires, wenn immer seltener gespielt wird?
Schirmer: Werden die Pausen zwischen den Aufführungen eines bestimmten Stückes zu lang, haben Sie auch einen erhöhten Probenaufwand. Als ich hier als Generalmusikdirektor anfing, wurde mehr probiert als gespielt. Jetzt hat sich das Verhältnis schon gewendet: Für eine Aufführung brauchen wir 0,8 Proben. Ich versuche, den Output so hoch wie möglich zu halten, damit wir ein Aufführungs- und kein Probentheater sind. Ziel ist es, dass wir über die Grenze von 100 Aufführungen pro Jahr kommen.

Sie sind jetzt GMD und Intendant in Personalunion. Ist dieses Modell nicht schon öfter gescheitert?
Schirmer: Denken Sie nur einmal an Stefan Soltesz in Essen, einen dirigierenden Intendanten, dessen Theater 2008 »Opernhaus des Jahres« geworden ist. Oder nehmen Sie Simone Young in Hamburg. Zwar ist heute der inszenierende Intendant das gängigere Modell. Warum aber soll ein Regisseur ein Haus besser leiten können als ein Dirigent?

Wie beantworten Sie als dirigierender Intendant für Ihr Haus die Frage, wer im operntypischen Gespann von Musik und Szene das Primat hat?
Schirmer: Ganz einfach: Im Zentrum des Interesses steht der singende Mensch.

Der aber nicht einfach nur an der Rampe stehen sollte, oder?
Schirmer: Meinetwegen kann er an der Rampe stehen oder Kapriolen schlagen – es ist der singende Mensch und es sind die Geschichten, die er erzählt, weswegen wir in die Oper gehen. Und getragen wird dieser singende Mensch von einem Orchester und einem Dirigenten, der am Abend nicht umsonst der verantwortliche Leiter der Aufführung ist.

Verbirgt sich hier eine Spitze gegen das Regietheater?
Schirmer: Was ist Regietheater? Es gibt gute oder schlechte Regie. Ich habe viele Jahre Musikdramaturgie unterrichtet und Studenten auf Seminare beispielsweise mit Peter Konwitschny vorbereitet. Umso weniger Lust habe ich, mich jetzt in eine so scheinbar konservative Position drängen zu lassen. Wenn mich etwas überzeugt hat, habe ich es immer mitgemacht. Es ist ja kein Zufall, dass ich inzwischen mit allen großen Regisseuren gearbeitet habe.

Sie haben aber auch sehr deutlich Regisseure kritisiert, die ohne fertiges Konzept zu arbeiten beginnen, um gemeinsam mit den Darstellern eine Inszenierung zu entwickeln.
Schirmer: Ich habe kritisiert, dass am Theater oftmals zu viel Zeit in den Proben verbrannt wird einfach aus Unkenntnis des Stoffes. Was ich in 30 Jahren diesbezüglich erlebt habe, könnte manches Anekdotenbändchen füllen. Berühmter Fall: Läuft in Bayreuth ein Regisseur mit einem Reclam-Heftchen herum und wundert sich, dass plötzlich nicht weiter gesungen wird. Denn dass an der Stelle ein Orchesterzwischenspiel kommt, steht in dem Heft nicht. – Auf solchem Niveau bewegt sich das manchmal.

Zu denen, die erst in den Proben die Darstellung entwickeln, gehört auch Ihr Chefregisseur Peter Konwitschny.
Schirmer: Er ist aber einer derjenigen, die glänzend vorbereitet in die erste Probe kommen. Sie können ihn zu jedem Takt befragen. Er beherrscht die Werke aus dem Effeff und spielt sie Ihnen auf dem Klavier vor.

Welche Rolle spielt die bemerkenswerte Tradition der Leipziger Oper in Ihrem regional ausgerichteten Konzept?
Schirmer: Sie spielt eine Rolle hinsichtlich des Repertoires. Deswegen war es mir ein dringendes Anliegen, hier wieder den »Ring« zu etablieren. Wir werden also 2013 einen szenischen »Ring« herausbringen. 1991 hatte mich Udo Zimmermann eingeladen, in Leipzig einen neuen »Ring« zu dirigieren. Seitdem hatte ich immer ein Auge auf Leipzig und nie verstanden, warum ein Haus dieser Größe und mit diesem Potential keinen »Ring« auf die Bühne bringt.

Es gab einst bedeutende Leipziger »Ring«-Inszenierungen. Sollte man im Wagner-Jahr 2013, wo es den »Ring« auf vielen Bühnen geben wird, nicht lieber auf eine neue verzichten?
Schirmer: Warum wollen Sie das der Bevölkerung hier vorenthalten? Oder denken Sie, es muss bei uns so einen Sensations-»Ring« geben, über den das überregionale Feuilleton berichtet? Ich weiß nicht, ob das etwas mit den Menschen hier zu tun hat.

Wäre nicht wünschenswert, dass ein Haus sowohl in der Region als auch überregional Interesse findet?
Schirmer: Unbedingt. Das klappt aber nur, wenn das Haus in sich funktioniert und in der Region fest verankert ist. Nehmen Sie die Wiener Staatsoper als Paradebeispiel. Dieses Haus lebt sehr stark vom Tourismus. Mental getragen wird es aber trotzdem von den Wienern. Ich bin der Meinung, ein solches Haus muss seine Basis in der Region haben. Das ist auch für die Künstler wichtig, die hier leben und arbeiten. Wir haben ja keine Gastkünstler aus der ganzen Welt, weil wir sie uns gar nicht leisten können. Umso wichtiger ist der Dialog, den wir vor Ort führen müssen.

Gehört zum Dialog nicht auch die Kontroverse? Die Ära Zimmermann hat für Kontroversen gesorgt, auch wenn sie von den Publikumszahlen her nicht erfolgreich war.
Schirmer: Sie sagen so locker, sie ist beim Publikum nicht akzeptiert gewesen. Aber dieses Publikum generiert das Geld für die Oper. Ich finde es hybrid zu meinen, man könne damit irgendetwas machen, egal ob die Leute, die es aufbringen, einen Bezug dazu haben. Das ist wie mit »Rettungsschirmen« und dergleichen – das geht an den Menschen vorbei.

Um das Beispiel aufzugreifen: Draußen herrschen Bankenkrise und »Finanzcrash«, und drinnen im Opernhaus wird »Zauberflöte« mit Happy End gespielt. Finden Sie das gut?
Schirmer: Das finde ich sogar sehr gut. Wir müssen den Menschen Erlebnisräume geben. Ich gehe doch nicht in die Oper, um jene Probleme ästhetisch übersetzt noch einmal serviert zu bekommen.

Da sind wir schnell bei der MuKo, Leipzigs Musikalischer Komödie, die Sie eingangs bereits ansprachen. Sie haben erklärt, das Haus enger mit der Oper verzahnen zu wollen. Was heißt das konkret?
Schirmer: Das einleuchtendste Beispiel ist sicher, dass wir unsere Spielpläne aufeinander abstimmen.

Bringt das eine strengere Repertoiretrennung mit sich, etwa in der MuKo nur noch Operette, im Opernhaus dafür Lortzing?
Schirmer: Ich habe meine Schwierigkeiten damit, dass der Lortzing-Zyklus derzeit an der MuKo und nicht im Opernhaus läuft. Das werde ich jetzt zwar nicht ändern. Aber wir diskutieren bereits, was wir an unterhaltsamen Stoffen auf die große Bühne bringen können.
Eine andere Sache ist, dass an der MuKo mehr Jugendprojekte stattfinden sollen, zum Beispiel 2013 ein »Ring« für Kinder.

Als Sie vor zwei Jahren GMD wurden, haben Sie schon Jugendprojekte angekündigt, zum Beispiel »moderierte Kürzestfassungen« oder »Halb-Opern«. Wann wird es die geben?
Schirmer: Spätestens ab 2013. An einem Opernhaus haben Sie vertragliche Vorlaufzeiten von mindestens drei Jahren, und das ist schon knapp bemessen.

Was Sie heute für Kinder und Jugendliche tun, wird sich für das Haus erst auszahlen, wenn Sie längst nicht mehr Intendant sind. Wie gehen Sie mit diesem Wissen um?
Schirmer: Ich sehe das gar nicht so, dass sich das für das Haus auszahlen soll. Sondern es muss sich für die Jugendlichen später einmal auszahlen.

Welchen Arbeitsauftrag haben Sie dann Ihrer neuen »Education«-Abteilung gegeben?
Schirmer: Sie soll zusammen mit der MuKo ein Konzept entwickeln, das sich nicht zuerst am Spielplan orientiert. Vielmehr soll es darum gehen, bei jungen Menschen die ästhetische Wahrnehmungsfähigkeit zu verbessern oder sie zu dieser Wahrnehmung überhaupt erst einmal zu befähigen.

Die klassische, den Spielplan ergänzende Theaterpädagogik wird es also nicht mehr geben?
Schirmer: Doch, aber sie ist nicht das vornehmliche Ziel. Es geht um die ästhetische Bildung von Kindern und Jugendlichen.

In Leipzig gibt es seit Jahrzehnten Opernaufführungen für Schulklassen. Was tut Ihr Haus heute, um die wieder abzuholen, die einst als Kinder an die Oper herangeführt wurden?
Schirmer: Ich habe das Gefühl, hier ganz am Anfang zu stehen. Hin und wieder bekomme ich Briefe, in denen es heißt: »In meiner Jugend war ich mit der Schulklasse oft in der Oper.« Und dann folgt massive Kritik an dem, was unser Spielplan alles nicht bietet, oder eine Begründung, warum die jeweiligen Briefeschreiber nicht mehr in die Oper gehen. Sie fühlen sich nicht abgeholt. Offensichtlich hat es hier einen Bruch gegeben, und wir stehen wieder am Anfang. Ich kann nur hoffen, dass wir es schaffen, über qualitätvolle Aufführungen bekannter Stücke die Menschen wieder anzusprechen. Und daran arbeite ich.

Interview: Claudius Böhm, Hagen Kunze