Das Gewandhausorchester: Von der Kapelle zur Weltmarke

Im Grunde genommen begann die Geschichte des Gewandhausorchesters bereits 1479. In diesem Jahr nahm der Leipziger Magistrat drei sogenannte Kunstpfeifer in städtische Dienste. Bis 1840 spielten diese Stadtmusiker – ihre Zahl wuchs im Laufe der Zeit auf sieben – für das Leipziger Musikleben eine wesentliche Rolle: Sie gestalteten Feste im Rathaus ebenso wie Gottesdienste in den städtischen Kirchen musikalisch aus, wirkten bei Theaterunternehmungen mit und waren auch im Orchester des „Großen Concerts“ zu finden.

Die Kapelle des Grossen Concerts: Ein halbes Studentenorchester

Diese Konzertunternehmung, 1743 gegründet, wurde von einer aus Adligen und Bürgern bestehenden Gesellschaft getragen. Sie war die erste ihrer Art in Leipzig. Die von ihr veranstalteten „Großen Musicalischen Concerte“ fanden zuerst in Bürgerhäusern statt. Aufgrund des großen Zuspruchs wurde bald schon ein Saal im Gasthaus „Zu den drei Schwanen“ gemietet. Hier trafen sich über 30 Jahre lang diejenigen Leipziger Bürger, die den hohen Jahresbeitrag zahlen konnten. Von dem Geld wurden die Musiker honoriert. Am Anfang waren es 16, die das Konzertorchester bildeten. Ihm gehörten zur einen Hälfte Berufsmusiker, unter ihnen die Stadtmusiker, und zur anderen Hälfte Studenten der Leipziger Universität an.

Nicht weit von den „Drei Schwanen“ entfernt wurde 1766 ein Komödienhaus eröffnet. Allerdings hatte es kein eigenes Ensemble. Es wurde von reisenden Theater- und Operntruppen bespielt, die für die orchestralen Aufgaben die Leipziger Stadtmusiker verpflichteten. Deren kleines Ensemble bekam im Laufe der Jahre jedoch Probleme, den wachsenden musikalischen Anforderungen gerecht zu werden. Deshalb wurden immer öfter Musiker des „Großen Concerts“ gebeten, das Theaterorchester zu verstärken. So vermischten sich nach und nach das Konzert- und das Theaterorchester.

Das Orchester wird namhaft: Pate steht das Haus der Tuchmacher

Im Gewandhaus, der Gewerbehalle der Tuchmacher, gab es zu dieser Zeit einen großen, ungenutzten Dachboden. Auf Initiative eines Bürgermeisters wurde er als Konzertsaal ausgebaut. Im November 1781 fand das erste „Gewandhauskonzert“ statt. Im Publikum saß die Konzertgesellschaft aus dem Gasthaus, und im 32 Mann starken Orchester spielten die Musiker, die schon in den „Drei-Schwanen-Konzerten“ mitgewirkt hatten und deren überwiegender Teil auch beim Theater engagiert war. Daher war bald vom „Gewandhaus- und Theaterorchester“ die Rede.

1789 kam Wolfgang Amadeus Mozart nach Leipzig und gab ein Konzert im Gewandhaus. Dessen Saal war längst zum Zentrum des Leipziger Konzertlebens geworden und sollte es ein Jahrhundertlang bleiben. Die neun Sinfonien Ludwig van Beethovens erklangen weltweit erstmalig als Zyklus im Konzertwinter 1825/26, also noch zu Lebzeiten des Komponisten. Ab 1835 war Felix Mendelssohn Bartholdy Gewandhauskapellmeister. Seine „Schottische Sinfonie“ und sein Violinkonzert e-Moll wurden im Gewandhaus aus der Taufe gehoben. Unter seiner Leitung kamen Robert Schumanns Sinfonien und Franz Schuberts große C-Dur-Sinfonie zur Uraufführung. Von den Komponisten selbst dirigiert, hatten 1862 Richard Wagners „Meistersinger“-Vorspiel und 1879 Johannes Brahms’ Violinkonzert in diesem Saal ihre Weltpremiere.

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Geschichte

  • 1743

    Mit dem ersten „Großen Concert“ Gründung des Orchesters

  • 1781

    Einzug ins Gewandhaus, wovon sich der Name „Gewandhausorchester“ ableitet

  • 1786

    Solidarvertrag der Orchestermusiker

  • 1840

    Ernennung zum Leipziger Stadtorchester

  • 1916

    Erste Auslandstournee in die Schweiz

  • 1931

    Erste Europatournee

  • 1960

    Erste Japantournee

  • 1974

    Erste USA-Tournee

  • 1980

    Erste Südamerikatournee

  • 2003

    Erste Australientournee

  • 2018

    275 Jahre Gewandhausorchester

Die Gewandhauskapellmeister

1781-1785 Johann Adam Hiller 1. Gewandhauskapellmeister
1785-1810 Johann Gottfried Schicht 2. Gewandhauskapellmeister
1810-1827 Johann Philipp Christian Schulz 3. Gewandhauskapellmeister
1827-1835 Christian August Pohlenz 4. Gewandhauskapellmeister
1835-1847 Felix Mendelssohn Bartholdy 5. Gewandhauskapellmeister
1841/1842,1852-1854 Ferdinand David 6. Gewandhauskapellmeister
1843/1844 Ferdinand Hiller 7. Gewandhauskapellmeister
1844-1848 Niels Wilhelm Gade 8. Gewandhauskapellmeister
1848-1860 Julius Rietz 9. Gewandhauskapellmeister
1860-1895 Carl Reinecke 10. Gewandhauskapellmeister
1895-1922 Arthur Nikisch 11. Gewandhauskapellmeister
1922-1928 Wilhelm Furtwängler 12. Gewandhauskapellmeister
1929-1933 Bruno Walter 13. Gewandhauskapellmeister
1934-1945 Hermann Abendroth 14. Gewandhauskapellmeister
1946-1948 Herbert Albert 15. Gewandhauskapellmeister
1949-1962 Franz Konwitschny 16. Gewandhauskapellmeister
1964-1968 Václav Neumann 17. Gewandhauskapellmeister
1970-1996 Kurt Masur 18. Gewandhauskapellmeister
1998-2005 Herbert Blomstedt 19. Gewandhauskapellmeister
2005-2016 Riccardo Chailly 20. Gewandhauskapellmeister
2018 Andris Nelsons 21. Gewandhauskapellmeister