Ludwig van Beethoven und das Gewandhausorchester

Bei Musikwissenschaftlern gilt Leipzig Anfang des 19. Jahrhunderts als die Stadt der intensivsten Beethoven-Pflege außerhalb von Wien. Dafür spricht nicht nur, dass Ludwig van Beethovens Sinfonien bald nach den Uraufführungen in Wien auch ihre Leipziger Erstaufführung erlebten, sondern Leipzig hat selbst zwei hochkarätige Beethoven-Uraufführungen vorzuweisen: das Tripelkonzert op. 56 (1808) und das 5. Klavierkonzert Es-Dur op. 73 (1811).

Das Gewandhausorchester ist damit das einzige noch bestehende Sinfonieorchester, das von sich sagen kann, Beethovensche Werke erstmals zum Klingen gebracht zu haben. Ebenso kann das Gewandhausorchester als einziges Orchester seiner Art auf eine seit über 200 Jahren ununterbrochene Beethoven-Pflege verweisen. Keine andere Stadt der Welt wird eine solch intensive, institutionell getragene Beethoven-Pflege nachweisen können, wie es sie in Leipzig gibt, wo in jeder Gewandhaus-Saison mehrere Werke Beethovens auf dem Programm standen und heute nach wie vor stehen.

An der Popularisierung der Sinfonien Beethovens hatte Friedrich Rochlitz entscheidenden Anteil. Er war Mitglied der Gewandhaus-Direktion (und somit für den Spielplan verantwortlich) und Herausgeber der einflussreichen Allgemeinen musikalischen Zeitung (AmZ), die in Leipzig von Beethovens Originalverleger Breitkopf und Härtel verlegt wurde. Rochlitz förderte die Beethovenschen Kompositionen, in dem er sie - manchmal auch gegen den Publikumsgeschmack - kontinuierlich in den Gewandhaus-Spielplan integrierte und stets ausführliche Rezensionen in der AmZ über diese Aufführungen verfasste. Die solcherart publizistisch begleitete Entwicklung Beethovens und die feste Etablierung seiner Werke im Konzertbetrieb fand somit europaweit Verbreitung.

Noch zu seinen Lebzeiten, in der Konzertsaison 1825/26, führte das Gewandhausorchester weltweit erstmalig alle Sinfonien Beethovens in einem Zyklus auf. Seither hat jeder Gewandhauskapellmeister »seinen« Beethoven-Zyklus im Gewandhaus erarbeitet. Riccardo Chailly kombinierte in seinem Beethoven-Zyklus (2011) fünf zeitgenössische Werke mit den Sinfonien Beethovens. Herbert Blomstedt erarbeitete mit dem Gewandhausorchester einen Beethoven-Zyklus, der als CD-Box zum 90. Geburtstag des Ehrendirigenten im Juli 2017 erschien. 56 Jahre zuvor wurde der erste Beethoven-Zyklus des Gewandhausorchesters im Ausland aufgeführt - und zwar gleich zweimal auf der ersten Japan-Tournee des Orchesters im Jahr 1961.

 


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