Dreißig Jahre Gewandhaus-Magazin
Die aktuelle Ausgabe Nr. 117 erscheint im Jubiläumsmonat des Gewandhaus-Magazins: Vor dreißig Jahren, im Dezember 1992, kam die erste Ausgabe heraus.
Das Publikumsmagazin wurde damals von Marketingleiter Christian Ehlers und Pressesprecher Björn Achenbach gemeinsam mit Gewandhausarchivar Claudius Böhm und Hausfotograf Gert Mothes aus der Taufe gehoben. In einer Zeit des radikalen Umbruchs in der Medienlandschaft – in den neuen Bundesländern setzte parallel zur eben erst errungenen Meinungs- und Pressefreiheit paradoxerweise ein Zeitungssterben ein – verband sich mit der Gründung das Anliegen, dem Gewandhaus eine eigene publizistische Stimme zu verschaffen.
Dem Anspruch, eine über den Alltag des Konzertbetriebs hinausgehende kritische Stimme der Musikpublizistik zu sein, ist das Heft bis heute treu geblieben. In seinen Ausgaben blickt es nach wie vor weit über den Tellerrand des Gewandhauses hinaus. In teils aufwändig recherchierten Artikeln werden musikalische, kulturpolitische und musikgeschichtliche Themen verhandelt. 1996 führten ein Interview mit dem Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann und daran anknüpfende Betrachtungen zur Kulturpolitik in Leipzig zu einem Eklat (Nr. 13): Leipzigs Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube verbat sich die »Einmischung in städtische Kulturpolitik«.
Der kritisch forschende Blick gilt immer wieder auch der Überlieferung und den weißen Flecken der Leipziger Musikhistorie. So hat das Blatt maßgeblich dazu beigetragen, die Geschichte des Gewandhausorchesters in den Zeiten der beiden deutschen Diktaturen aufzuarbeiten. Im Zusammenhang damit wurde an den seinerzeit einzigen jüdischen Musiker im Orchester erinnert, den Konzertmeister Leo Schwarz (Nr. 4, 29, 56, 75) . Er wurde von den Nationalsozialisten zwangspensioniert und später ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Nach seiner Entlassung aus dem KZ gelang es ihm, 1938 in die USA zu emigrieren. Das obere Foyer des Mendelssohn-Saales im Gewandhaus ist seither nach ihm benannt.
Wiederholt sorgten Erstveröffentlichungen, die exklusiv im Gewandhaus-Magazin erfolgten, für Aufsehen: So stellten etwa zehn neuaufgefundene Briefe Felix Mendelssohn Bartholdys die Gründungsgeschichte des Leipziger Konservatoriums in ein neues Licht (Nr. 42), ließen neuentdeckte Bach-Dokumente Rückschlüsse auf Finanzen und soziales Engagement des Thomaskantors zu (Nr. 69) oder zeigte eine Petition Leipziger Musikprofessoren, wie geschlossen die führenden Köpfe des Leipziger Musiklebens auf eine antijüdische Schmähschrift Richard Wagners reagierte (Nr. 72) .
Seit 1996 hat Claudius Böhm die Redaktionsleitung inne. Das Gewandhaus-Magazin erscheint vierteljährlich in einer Auflage von 8000 Exemplaren im Verlag Klaus-Jürgen Kamprad. Im Buch- und Zeitschriftenhandel ist es für 6 Euro zu haben, im Abonnement für 20 Euro pro Jahr. Konzertabonnenten des Gewandhauses erhalten das Heft gratis.
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