Riccardo Chailly im Interview
Seit neun Jahren ist Riccardo Chailly Gewandhauskapellmeister. Dass er es überhaupt geworden ist, daran hat auch Richard Strauss »Schuld«. Mehr im Folgenden.
Herr Chailly, wie hat sich das Gewandhausorchester seit 2005 verändert?
Riccardo Chailly: Ich weiß nicht genau, wie viele Musiker seitdem gewechselt haben. Ich schätze, es sind um die 30.
Genauso ist es.
Chailly: 30 Musiker sind viel. Jeder Neue bringt einen positiven Einfluss von frischer Attitüde, täglichem Engagement und gespannter Neugier mit, was sehr wichtig für die Probenarbeit und auch die Disziplin ist. Das Erfolgsgeheimnis des Gewandhausorchesters aber ist: Die neuen Musiker wissen von vornherein, dass sie sich integrieren sollen in den unvergleichbaren Klang – und zwar so, dass es gar nicht zu spüren ist. Die Klangkultur, die weltweit immer wieder gelobt wird, ist die Hauptsache für uns. Ich sage »uns«, weil ich bei den Probespielen mit mindestens 70 oder 80 Kollegen des Orchesters im Großen Saal sitze. Das ist wohl die größte Findungskommission der Welt. Wir wollen, dass der Klang eben nicht verändert wird, sondern bewahrt bleibt. Aber verändern darf und soll sich das technische Niveau, die instrumentale Bravour. Und die ist tatsächlich höher geworden. Wir haben mit diesen neuen, wunderbaren Musikern die Virtuosität des Orchesters insgesamt gesteigert.
Welchen Stempel haben Sie dem Orchester in den knapp neun Jahren aufgedrückt?
Chailly: Die Hauptsache ist das Gewandhausorchester und nicht Chailly. Wir sind gemeinsam in einige neue Richtungen gegangen. Thema Nummer eins war dabei Gustav Mahler. Seine Musik ist seit Bruno Walter ein Schwerpunkt des Orchesters. Walter war nur dreieinhalb Jahre Gewandhauskapellmeister, aber er hat sich sehr für Mahler eingesetzt. Ich wollte dem, was auch danach mit Václav Neumann und Kurt Masur entwickelt worden ist, eine noch tiefere, nachhaltigere Prägung verleihen. Das haben wir geschafft. Das Gewandhausorchester ist heute weltweit ein Referenzorchester, was nicht allein das Mahler-Spielen, sondern auch das Mahler-Verstehen betrifft.
Mein zweiter Wunsch war, die Flexibilität des Orchesters im Umgang mit zeitgenössischer Musik zu erhalten und zu steigern. Unsere Musiker sind nie gegen Neue Musik, hegen da keinerlei Vorurteile. Sie kommentieren ein neues Stück gern nach der ersten Probe, und ich sehe in ihren Gesichtern, ob es ihnen gefällt oder nicht. Aber ihre innere Haltung ist große Offenheit. Das zu spüren, ist großartig für mich. Wenn ein Orchester eine mentale Grenze zeigt, dann ist es kompliziert für den Chefdirigenten, eine positive Haltung zu entwickeln. Das habe ich nie gespürt hier in Leipzig.
Ein dritter Schwerpunkt war, auch im klassischen Repertoire andere Wege zu nehmen. Von Felix Mendelssohn haben wir die Urfassungen seiner Sinfonien und Ouvertüren gespielt und ihn damit in neuer Weise und mit neuen Ideen präsentiert. Im Zusammenhang mit dem Mahler-Schwerpunkt war es für mich auch interessant, Robert Schumann durch Gustav Mahlers Augen zu sehen – obwohl ich nicht immer einverstanden bin mit Mahlers Schumann-Bearbeitungen. Hier und da ist er für mich zu radikal mit seinen Ideen und zu extrem mit den Änderungen der Dynamik oder in der Reduzierung der Orchestration.
Ihre erste Begegnung mit dem Gewandhausorchester liegt 28 Jahre zurück. Heute sind noch 50 Musiker aus dieser Zeit dabei. Wie hat sich das Orchester seitdem verändert?
Chailly: Auf meinen Notizen für unser Gespräch steht als Punkt Nummer eins: »Salzburg 1986, Probe im Ballettsaal, Don Juan«. Der Beginn meiner Zusammenarbeit mit diesem Orchester war Richard Strauss. Ein unglaublich heikler Auftakt: Der erste Takt des »Don Juan« gehört zu den schwierigsten Stellen in der Musikliteratur und ist eine Prüfung für jeden Dirigenten. Und was bekam ich? Eine Welle von den Streichern, eine Explosion, die ich nie vergessen werde. Es war ein positiver Tsunami des Klangs gegen meinen Körper. Da habe ich gedacht, mein Gott, bin ich bei den Engeln, habe ich meine Beine überhaupt noch auf der Erde? Ich war fast schockiert von der Schönheit, der Kraft und dem Ensemblespiel.
20 Jahre später habe ich in Leipzig »Don Juan« dirigiert, und ein ehemaliger Konzertmeister, der 1986 mit dabei gewesen war, sagte mir danach: »Gott sei Dank, das Feuer ist geblieben!« Das ist die Antwort auf Ihre Frage und zugleich darauf, warum ich meinen Vertrag in Leipzig jetzt bis 2020 verlängert habe: Solange das Feuer da ist, hat es Sinn für mich weiterzumachen.
Dennoch wird sich in den 28 Jahren einiges verändert haben. Das Orchester ist internationaler geworden ...
Chailly: Das ist wahr. Kurt Masur hat einen unglaublichen Push gegeben zur Internationalität des Orchesters. Ich würde sagen, Arthur Nikisch war der Mann der Jahrhundertwende und Kurt Masur der Mann des 20. Jahrhunderts. Beide haben dem Orchester Prestige und Renommee verschafft und zugleich große Erwartungen provoziert. Wo immer wir heute gastieren, erwartet man von uns höchste Orchesterkultur. Aber wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und nehmen immer höhere Risiken auf uns: In London, Paris und Wien haben wir einen neuen, teils schockierenden, nicht nur Enthusiasmus hervorrufenden Beethoven-Zyklus gespielt. Das war ein Riesenerfolg. Danach haben wir uns gefragt: Kann man so etwas überhaupt wiederholen? Und wir haben es an gleicher Stelle mit unserem Brahms-Zyklus geschafft, Gott sei Dank.
Das Orchester kennt mich inzwischen gut. Ich brauche immer weniger Worte, oft reicht ein Blick oder eine Geste. Dank seiner spezifischen musikalischen Kultur, die aus dem Spielen von Oper, sinfonischer und Barockmusik entstanden ist, besitzt das Orchester enorm viel Intuition. Diese Extradimension erlaubt es uns, gemeinsam immer höhere Risiken einzugehen, gemeinsam neue Interpretationen zu erarbeiten, und das macht meine Zeit in Leipzig für mich persönlich so konstruktiv.
Wie helfen Sie dem Orchester, die eigene Klangidentität zu bewahren?
Chailly: Das Klangbewahren geschieht aus meiner Sicht durch das Repertoire. Das klassische, romantische, spätromantische und das barocke Repertoire – sie bilden das Herz der Klangidentität des Gewandhausorchesters. Ich bringe meine Vision und meine Attitüde als Musiker ein, also die rhythmische Disziplin, die Klarheit des Klangs und die Durchsichtigkeit als Konsequenz aus der Klarheit des Rhythmus. Alle diese Elemente gehören mit zur Identität des Klangs. Wobei unser Ziel stets ist, die sogenannte Altgoldfarbe des Orchesters zu bewahren. Wenn das in der Probe klanglich nicht genügend klar ist, breche ich ab und frage: »Wo ist Ihre golden dunkle Farbe?« Die Musiker kennen das schon auswendig und verstehen sofort. Das ist wie eine Tür: Momentan ist sie geschlossen. Ich bitte, sie zu öffnen, und auf der Stelle bekomme ich den Wunsch erfüllt.
Richard Strauss war nicht nur Ihre erste Begegnung mit dem Gewandhausorchester, sondern auch mit dem Gewandhaus. Sie gastierten mit dem Concertgebouw-Orchester in Leipzig mit einem reinen Strauss-Programm. Erinnern Sie sich?
Chailly: Das war lange vor meiner Zeit als Gewandhauskapellmeister, richtig? War »Zarathustra« dabei?
Das war 1997, eine Sonntagsmatinee im Rahmen des MDR-Musiksommers, und Sie haben »Guntram«-Vorspiel, »Tod und Verklärung« und »Don Quixote« gespielt.
Chailly: Zuerst erinnere ich mich an zwei Dinge: einen wunderbaren Saal, aber halbleer. Und ich erinnere mich an die Kommentare der holländischen Musiker, die so stolz und verwöhnt sind mit ihrem Klang zu Hause. Sie haben mir gesagt: Es ist eine der seltenen Situationen in einem modernen Saal, wo wir unsere Klangidentität wiedererkennen. Das ist ein Kompliment an den Saal, mit dem ich völlig einverstanden bin. Für mich ist der Klang des Gewandhausorchesters im Zusammenhang mit dem Saal eine unserer Stärken. Wenn Gastorchester herkommen, wie es beim Mahler-Festival 2011 geschehen ist, dann sind sie immer überrascht, wie spektakulär dieser Saal klingt.
Bekanntlich hat Richard Strauss seine Tondichtung »Ein Heldenleben« Willem Mengelberg und dem Concertgebouw-Orchester gewidmet. Seit dieser Zeit gehört Strauss zum Repertoire in Amsterdam, und das war selbstverständlich auch in meiner Zeit als Chefdirigent dort so.
Auf der 16-CD-Box »The Art of Riccardo Chailly« ist zwar sehr viel Musik des 20. Jahrhunderts zu finden ...
Chailly: ... aber kein Strauss. Ich habe keine Note von ihm aufgenommen.
Warum nicht?
Chailly: Darauf habe ich keine rationale Antwort. Sicher hängt das mit meiner Entscheidung für Mahler zusammen. Strauss und Mahler haben sich gekannt und waren befreundet, und beide sind Klangzauberer gewesen, der eine in Tondichtungen, der andere in Sinfonien. Dabei besteht allerdings eine große Diskrepanz zwischen beiden Stilen. Das fasziniert mich zwar sehr, aber seit 20 Jahren oder sogar schon länger habe ich meine Priorität auf Mahler gesetzt. Das ist derzeit auch in Leipzig noch so. Ich sehe jedoch nicht, warum wir später nicht auch an Strauss-Einspielungen denken sollten.
Richard Strauss hat das Gewandhausorchester selbst dirigiert, mit ihm seine f-Moll-Sinfonie aufgeführt. Das war sein erster Auftritt als Dirigent und Komponist in Leipzig. Zwei Monate später debütierte er auch in Mailand mit diesem Werk.
Chailly: Wirklich? Das habe ich nicht gewusst. Die f-Moll-Sinfonie war meine allererste Begegnung mit Strauss – in Mailand, gespielt vom RAI-Orchester. Ich mag diese Sinfonie mit ihrem Blick auf Schumann und Brahms sehr.
Im Gewandhaus ist sie seitdem nie wieder gespielt worden. Würde es Sie nicht reizen, das Stück hier zur Wiederaufführung zu bringen?
Chailly: Leider habe ich im Zusammenhang mit dem Jubiläum nicht daran gedacht. Aber man kann es ja auch später einmal auf unseren Spielplan setzen.
Sie dirigieren Anfang Juni zwei Strauss-Geburtstagskonzerte in Leipzig. Darin steht »Tod und Verklärung« vor »Till Eulenspiegel«. Was hat es mit dieser ungewöhnlichen Reihenfolge auf sich?
Chailly: Für mich sind das zwei Seiten einer Medaille. Zunächst haben wir eine tragische, tief berührende Komposition über den Tod. Knapp 60 Jahre später verwendete Strauss ein Thema aus dieser Tondichtung noch einmal. »Im Abendrot« heißt eines der »Vier letzten Lieder«, und die letzten Worte darin lauten: »Ist dies etwa der Tod?« Wenn die Sopranistin das gesungen hat, ertönt das Verklärungsthema aus »Tod und Verklärung«. Das ist eine Verbindung zum Gedenken an das, was der Tod einmal sein wird. »Till Eulenspiegel« hingegen ist ein Spaß, eine Groteske, ein humorvolles Stück. Doch Strauss ist der König der Illusion in seinen Tonpoemen: Was man erwartet, bekommt man nicht. Erst baut er eine spezifische Stimmung auf, lustig oder tragisch, dann blättert man die Partiturseite um – und etwas total anderes kommt. Darum finde ich diese Kombination so interessant und passend. Man soll eben nicht nur an den Abschied vom Leben denken, und da ist »Till Eulenspiegel« eine gute Alternative. Zudem begreife ich dessen »Es war einmal«-Thema als Antithese zum Todesthema in »Tod und Verklärung«.
Welches Werk von Strauss fehlt in Ihrem Repertoire, welches möchten Sie unbedingt noch dirigieren?
Chailly: Noch nicht dirigiert habe ich, obwohl ich es fast auswendig kenne, »Aus Italien«. Komisch, nicht wahr? Als Italiener! Ich habe dieses Stück in den 70er Jahren viele Male in Mailand gehört, auch vom RAI-Orchester mit dem jungen Riccardo Muti. Er hat es geliebt.
Dabei gilt der letzte Satz nicht gerade als Meisterleistung.
Chailly: Der erste Satz ist sensationell. Ein Universum! Aber das Finale ist auch für mich eher eine Enttäuschung. Vielleicht ist das der Grund, warum ich mehr Interesse zum Beispiel an »Macbeth« habe. Dieses Stück habe ich noch nicht dirigiert und würde es gern in Leipzig spielen.
Abgesehen von »Aus Italien« – wie ist das Verhältnis der Italiener zur Musik von Richard Strauss?
Chailly: Man kennt durch die Mailänder Scala selbstverständlich in erster Linie seine Opern. Ich erinnere mich gut an meine ersten Begegnungen mit dem Opernkomponisten Strauss in der Scala: In den 70er Jahren erlebte ich dort eine wunderschöne »Arabella« unter Leitung von Wolfgang Sawallisch, gefolgt von Carlos Kleibers legendärem »Rosenkavalier« und Zubin Mehtas »Salome« mit Gwyneth Jones. 1977 gastierte ich in San Francisco und erlebte dabei als Zuhörer eine tief beeindruckende Aufführung von »Ariadne auf Naxos«, dirigiert von dem exzellenten János Ferencsik. In den 80er Jahren hörte ich wiederum in der Scala die »Vier letzten Lieder« mit Claudio Abbado und Kiri Te Kanawa und in den 90er Jahren »Die Frau ohne Schatten« mit Christoph von Dohnányi. Das waren für mich unvergessliche Momente als Zuhörer, diesen Klangmagier Strauss nicht nur kennenzulernen, sondern von ihm auch beeinflusst zu werden für spätere Ideen als Interpret.
Haben Sie selbst schon Opern von Richard Strauss einstudiert und dirigiert?
Chailly: Nur die Schlussszene aus »Salome«, konzertant in Zürich und Amsterdam.
In Bologna gab es keine einzige Strauss-Oper mit Ihnen am Dirigentenpult?
Chailly: Nein. Aber an Bologna habe ich eine andere Erinnerung: Dort habe ich in den 80er Jahren »Capriccio« unter dem jungen Christian Thielemann gehört. Und ich war so beeindruckt, dass ich ihn zum Ersten Gastdirigenten berufen habe. Das war das erste Mal, dass er eine solche Ernennung erhalten hat. Wir sind gute Freunde seitdem – und leben jetzt beide in Sachsen. Er ist ein toller Dirigent und ein toller Interpret der Musik von Richard Strauss.
Welche Strauss-Opern stehen auf Ihrer Wunschliste als Dirigent?
Chailly: Nur die »Salome«. Vorletztes Jahr wollte ich in Salzburg die Urfassung der »Ariadne auf Naxos« dirigieren, musste aber krankheitshalber absagen. Da hatte ich allerdings schon die Partitur studiert und war ungemein fasziniert von dieser Kombination aus Schauspiel, Ballett und Oper. Ich persönlich finde das viel spannender als die zweite Fassung. In meinen Augen wäre das auch für eine konzertante Aufführung mit reduzierten Dialogen ein interessantes Stück.
Und was reizt Sie an »Salome«?
Chailly: Ich habe die gesamte Partitur intensiv studiert und liebe sie einfach. Es gibt andere Meisterwerke – »Elektra« etwa, die vielleicht heikelste und provokativste Oper von Straus. Aber mein Herz und meine Seele gehören »Salome«. Darum ist diese Oper auch die einzige, bei der ich eine realistische Möglichkeit sehe, sie wirklich einmal zu dirigieren.
Vor 25 Jahren hat Kurt Masur mit dem Gewandhausorchester »Ariadne auf Naxos« eingespielt. Kennen Sie die Aufnahme?
Chailly: Dank ihr steht Kurt Masur mit auf meiner persönlichen Referenzliste der Strauss-Interpreten, von denen ich am meisten gelernt habe und mit denen ich mich identifizieren kann. Nummer eins ist natürlich Richard Strauss selbst. Es gibt eine TV-Aufzeichnung aus dem Prinzregententheater in München, wie er »Till Eulenspiegel« dirigiert. Mit ganz einfacher, sparsamer Schlagtechnik bringt er diese heikle Partitur zum Klingen. Das ist phänomenal! Dann folgen Erich und Carlos Kleiber sowie Arturo Toscanini. Obwohl dessen Strauss sehr synthetisch und klar ist, mag ich ihn, denn er spielt ihn doch mit großem Sinn für die Musik. Weiter geht es mit Willem Mengelberg. Sein »Heldenleben«, das er mit den New Yorker Philharmonikern aufgenommen hat, ist eine legendäre Dokumentation seiner Ideen als Interpret. Nach ihm stehen auf meiner Liste Clemens Krauss und Fritz Reiner. Bei Letzterem denke ich insbesondere an die Strauss-Aufnahmen mit dem Chicago Symphony Orchestra. Nicht vergessen darf man Rudolf Kempes Strauss-Zyklus mit der Staatskapelle Dresden. Wenn man den nicht kennt, dann gibt es ein Loch in der Strauss-Kultur! Auch Wolfgang Sawallisch war für mich ein großer Strauss-Dirigent. Und als zehnten Namen habe ich notiert: Kurt Masur. Seine »Ariadne« war für mich eine Entdeckung. Und das Gewandhausorchester in dieser Aufnahme – ein Wunder!
Sie werden ab 2015 Gastdirigent und ab 2017 Generalmusikdirektor der Mailänder Scala sein. Ist »Salome« dort schon in die Planungen aufgenommen?
Chailly: Ich habe sie dem neuen Intendanten Alexander Pereira als Wunschstück mit genannt. Aber was die Mailänder Scala erst einmal braucht, ist wieder italienische Oper. Die ist in den zurückliegenden Jahren etwas zu kurz gekommen. Das interessiert mich selbstverständlich sehr. Ich bin in Italien aufgewachsen mit dem Repertoire von Verdi, Rossini, Puccini und Donizetti. Und hier schließt sich auch ein Kreis: Ist im deutschen Repertoire Mahler für mich die erste Priorität, so ist es im italienischen Puccini. Ich möchte in Mailand erreichen, dass wir dort alle elf Meisterwerke, die er komponiert hat, auch regelmäßig spielen. Vielleicht kann Giacomo Puccini, die große Parallelfigur zu Gustav Mahler und Richard Strauss, auch ein gutes letztes Wort für dieses Gespräch mit Ihnen sein.
Interview: Claudius Böhm, Hagen Kunze