Editorial

Um Instrumente dreht sich vieles in diesem Heft.

Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Thema »Musikinstrumente und Reisen«. Unser erster Titelbeitrag gibt den Ton an: Wie verkraften, so die Ausgangsfrage, beispielsweise kostbare alte Geigen das Reisen im Jet-Zeitalter? Die Antwort überrascht zunächst nicht: Die teils abrupten klimatischen Wechsel machen alten wie neuen Instrumenten gleichermaßen zu schaffen. Allerdings, und das überrascht dann doch, sind es am Ende weniger die Reisen, die für »Klimastress« sorgen, als vielmehr – der Winter. Details ab Seite 8.

Um Details, genauer gesagt: um das Ausfüllen detailliertester Formulare geht es derzeit, wenn ein Orchester eine Amerikatournee vorbereitet. Grund ist keine erneute Verschärfung der Einreisebestimmungen in die USA, die weiteren Sicherheitsvorkehrungen geschuldet wäre, sondern ein über vier Jahrzehnte altes Artenschutzabkommen. Was das ausgerechnet mit Musikerreisen zu tun hat, ist in unserem zweiten Titelbeitrag ab Seite 12 zu lesen. Am Rande: Die US-Botschaft in Berlin hatte uns für diesen Beitrag ein offizielles Statement zugesagt. Dann jedoch, auf mehrmalige Nachfragen – keine Reaktion mehr.

Um die Umkehrung der Frage, wie es reisenden Instrumenten geht, dreht sich ein weiterer Titelbeitrag ab Seite 30: Wie nämlich ergeht es Instrumenten, die nicht (mehr) reisen können? In Leipzig kann man im Museum für Musikinstrumente etliche solcher Exemplare besichtigen. Ob sie in ihren geschlossenen, vollklimatisierten Vitrinen zu bedauern oder glücklich zu schätzen sind? Natürlich Letzteres – sagen zumindest die Museumsleute.
Um Auswirkungen eines »Museumsaufenthalts« geht es kurz auch im Interview mit Baiba Skride: »Wenn eine Geige im Museum gestanden hat, klingt sie zunächst gar nicht und muss erst wieder eingeschwungen werden.« Wir trafen die Weltklassevirtuosin in Hamburg-Eimsbüttel in einem Café, in dem es den besten Kaffee der Elbmetropole geben soll. Zu trinken brauchten wir jedoch keinen: Das morgendliche Gespräch mit der charmant authentischen Musikerin war Anregung genug. Wer sich davon überzeugen möchte, gern bei einer Tasse Tee oder Kaffee: Seiten 36 bis 41.

Um ein Café, gar um ein ganzes Geschoss erweitert – so präsentiert sich das neu gestaltete Museum im Leipziger Mendelssohn-Haus. Mit einem Festakt barocken Ausmaßes ist es Anfang Februar wiedereröffnet worden. Wir haben die erste Euphorie verklingen lassen und das Haus Monate später an einem gewöhnlichen Wochentag besucht. Das Ergebnis unserer Erkundung – ab Seite 50.
Um eine Erkundung dreht sich auch, ab Seite 42, die neue Folge unserer Rubrik »Musik im Bild«: Was bedeutet die verpackte Laute, die auf Hans Burgkmairs Holzschnitt »Wie der junge Weißkönig alles Saitenspiel lernt« unten rechts zu sehen ist? Ein Hinweis auf die vielen Reisen des nachmaligen Kaisers Maximilian I.? Das wäre im kunsthistorischen Sinne wohl zu realistisch gedacht, im Beitrag wird einer anderen Überlegung nachgegangen.

Um einen Link zu unserem Titelthema sind wir dennoch nicht verlegen: Maximilians Reisen führten ihn wohl nie nach Leipzig – der Stadt, die ihm ihr Messeprivileg verdankte. Belegt ist indes: Seine (Innsbrucker) Hofkantorei war hier, 1490, und mehrfach sein Lautenist. Dieser mag sein Instrument in einem ähnlichen Kasten transportiert haben, wie er auf Burgkmairs Bild zu sehen ist. Dabei dürfte des Hofmusikers Laute weit weniger Stress gehabt haben als die Musikinstrumente heute. Selbst im Winter.

Claudius Böhm