KOMPONIST UND PIANIST Carl Reinecke sah seine Mission in verantwortungsvoller Klassiker-Pflege. Neuer Musik begegnete er skeptisch, zumal wenn sie von ihm selbst stammte. Mit reichlich großartiger,…
Konzerteinführung mit Niklas Schächner um 19.15 Uhr - Schumann-Eck
Preise: 80/61/49/37/23/6 EUR Flexpreise: 88/67/54/41/25/7 EUR Ermäßigung für Berechtigte Abos: Serie IV, VARIO
Veranstalter: Gewandhaus zu Leipzig
KOMPONIST UND PIANIST
Carl Reinecke sah seine Mission in verantwortungsvoller Klassiker-Pflege. Neuer Musik begegnete er skeptisch, zumal wenn sie von ihm selbst stammte. Mit reichlich großartiger, pessimistisch gefärbter Selbsterkenntnis prognostizierte Reinecke bereits 1860: Die Zeit mäht rasch die Kunstwerke hin, die nicht gerade einem genialen Schöpfer entstammen; ein solcher bin ich nicht. War er wirklich nicht genial? Reinecke wirkte sechs Jahrzehnte als Pianist, Dirigent und Lehrer, bekleidete zentrale Ämter, schuf 288 Werke mit und etliche ohne Opuszahl, spielte versiert Geige und Bratsche, erstellte auf Zugfahrten der Konzertreisen Klavierauszüge und Werkeditionen und publizierte sprachgewandte, kenntnisreiche Aufsätze und Bücher. Seine künstlerischmenschliche Grundhaltung widersprach dem Zeitgeist. Starkult, Individualismus und Exzentrik waren ihm zuwider. Als Interpret stand er im Dienst der Werke und blieb – auch als Komponist – Mozart und Beethoven, Mendelssohn und Schumann treu. Aus Reineckes Kadenzen zu Mozarts d-Moll-Konzert, das im Gewandhaus mehrfach mit ihm erklang, sprechen Mozart-Expertise und -Liebe, überlegene Spieltechnik und feinsinniger Esprit. Seine 2. Sinfonie ist inspiriert vom sagenumwobenen norwegischen Herrscher Håkon Jarl in der Darstellung des dänischen Dichters Adam Oehlenschläger. Seit der Premiere 1875 und einer weiteren Aufführung unter Reinecke ist die Sinfonie im Gewandhaus nicht mehr erklungen.
KONSERVATORIUMSPROFESSOR UND KAPELLMEISTER
Das Leipziger Konservatorium zog Studierende aus aller Welt an, insbesondere aus Skandinavien. Generationen gingen durch die Kaderschmiede des Direktors Carl Reinecke. Auch dem Norweger Edvard Grieg stellte er das vorzügliche Abschlusszeugnis aus und setzte in der Folge beharrlich Werke seines Schülers auf Gewandhaus-Programme. Grieg profitierte schon während des Studiums am »vermaledeiten Conservatorium« enorm vom Leipziger Musikleben, verpasste kaum ein Gewandhaus-Konzert, besuchte die Oper, knüpfte Kontakte in Salons und fand beim Peters-Verlag lebenslange Unterstützung und Gastfreundschaft. Im Dachgeschoss von dessen Firmensitz in der Talstraße tüftelte Grieg an der 1. Peer-Gynt-Suite, die wenig später im Gewandhaus zur Uraufführung gelangte – unter Leitung seines Lehrers Carl Reinecke.