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22. Dez 2023

20 Uhr
Großer Saal

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Werke von Mieczysław Weinberg , Peter Tschaikowski

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WO GEWALT HERRSCHT Peter Tschaikowski zollt mit der 3. Sinfonie seinen Vorbildern Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann Tribut, greift die Fünfsätzigkeit der Rheinischen auf, flicht einen…

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Grosse Concerte

Gewandhausorchester, Andris Nelsons Dirigent

Sol Gabetta Violoncello

Werke von Mieczysław Weinberg , Peter Tschaikowski

Konzerteinführung mit Ann-Katrin Zimmermann um 19.15 Uhr - Schumann-Eck

Preise: 80/61/49/37/23/6 EUR
Flexpreise: 88/67/54/41/25/7 EUR
Ermäßigung für Berechtigte
Abos: VARIO, Serie I

Präsentiert von

Veranstalter: Gewandhaus zu Leipzig

WO GEWALT HERRSCHT

Peter Tschaikowski zollt mit der 3. Sinfonie seinen Vorbildern Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann Tribut, greift die Fünfsätzigkeit der Rheinischen auf, flicht einen altmodischen, beschaulichen Walzer »alla tedesca« an zweiter Stelle ein, lässt den Ruf der Italienischen durch den langsamen Satz hallen und eifert Mendelssohn im elfischen Scherzo nach. Besonders stolz ist er auf die Klangpracht des Finales mit seinen kraftstrotzenden, namengebenden Polonaise-Rhythmen. Es steht dem eröffnenden Trauermarsch diametral entgegen. Was aus den traditionshaltigen Tönen spricht, bekennt Tschaikowski auch in Worten: Wir sind mit den europäischen Formen so verwachsen, dass man sich Gewalt antun muss, um sich loszureißen. Aus solcher Gewalt kann jedoch nichts Künstlerisches entstehen. Sein Fazit gilt nicht nur für musikalische Formkonventionen: Wo Gewalt herrscht, gibt es keine Inspiration, und ohne Inspiration keine Kunst.

ÜBERLEBENSKÜNSTLER

Und doch rangen Künstler ihrem gewaltgeprägten Umfeld bedeutende Werke ab. Bis 1957 musste das Violoncellokonzert des polnischen Juden Mieczysław Weinberg auf seine Uraufführung warten. Das Werk war unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkriegs entstanden – im Schicksalsjahr 1948, als sein Schwiegervater Solomon Michoëls ermordet und Weinberg selbst unter Dauerbeobchtung gestellt wurde. Wehmut, die zur Verzweiflung crescendiert und wieder in stille Melancholie diminuiert, färbt alle Klänge dunkel und geht unmittelbar zu Herzen, weil sie direkt aus dem Herzen strömt. Das Dur-Leuchten des 2. Satzes erlischt leise, in der Stille. Morendo. Musik am Existenzminimum; Töne, die den Tod geschaut haben.

FLUCH, FLUCHT, FLÜCHTIGKEIT

Wohin will das Finale? Eine Entscheidung zwischen Dur und Moll, Lachen und Weinen, Leben und Tod ist nicht zu fällen. Die Virtuosität hat etwas Gehetztes, der Volkstanz etwas ÜberdrehtOrdinäres, und den auftrumpfenden TrompetenFanfaren traut man nicht. Alles ist schnelllebig in diesem 3. Satz. Ist es Flüchtigkeit oder Flucht? Vier Orchester-Celli und gequälte Laute der Hörner geleiten die Solistin zum Schlussstrich, umweht von einem Hauch Paukenwirbel mit übergeworfenem Tuch – wie bei Leichenzügen.