FRÖSCHE STATT ENGEL Haydns Schöpfung hatte 1798 das Wiener Publikum euphorisiert. Ganz so frenetisch wurden die Jahreszeiten, die der Komponist mit seinem Librettisten Baron van Swieten 1801…
Konzerteinführung mit Ann-Katrin Zimmermann um 10.15 Uhr - Schumann-Eck
Preise: 80/61/49/37/23/6 EUR
Flexpreise: 88/67/54/41/25/7 EUR
Ermäßigung für Berechtigte
Abos:
Sonntags-Anrecht II
Veranstalter: Gewandhaus zu Leipzig
FRÖSCHE STATT ENGEL Haydns Schöpfung hatte 1798 das Wiener Publikum euphorisiert. Ganz so frenetisch wurden die Jahreszeiten, die der Komponist mit seinem Librettisten Baron van Swieten 1801 nachfolgen ließ, nicht gefeiert. Schon die Arbeit daran verlief schleppender. Dass Gottfried van Swieten ihm eine gewaltige Textmenge vorsetzte, noch während der Vertonung nachbesserte und zudem eigene musikalische Vorstellungen geltend machte, beflügelte Haydns altersbedingt nachlassenden Arbeitseifer wenig. Nach zwei Jahren mühsamer Arbeit und zermürbendem Zank um »Froschgequäk« und »Fleiß«-Fugen war der fast 70-Jährige so ermüdet, dass er abgesehen von der Harmoniemesse kaum mehr komponierte. Auf Frage von Kaiser Franz, ob er seiner Schöpfung oder den Jahreszeiten den Vorzug gebe, soll Haydn geantwortet haben: Der Schöpfung, denn in der Schöpfung reden die Engel und erzählen von Gott, aber in den Jahreszeiten spricht nur der Simon. Im Klartext: die Angelegenheit war ihm zu trivial.
WEIN, PEIN UND GESANG Dabei erzählen der sympathische Simon und das Pärchen Hanna und Lukas durchaus auch von Gottes Güte und Gaben. Ihr Jahreslauf auf dem Land folgt dem Rhythmus der Schöpfung: Im Frühling wird gesät und gesungen, im Sommer demonstrieren Sonne und Unwetter ihre Macht, im Herbst steht die Ernte an, man geht zur Jagd und spricht dem Weine zu. Der Winter schließlich führt die Gemeinschaft in der warmen Stube am Spinnrad zusammen, und wem die Mehrdeutigkeit des Jahres- als Lebenszyklus noch nicht aufgegangen ist, dem werden Alter und Vergänglichkeit nun unmissverständlich ins Bewusstsein gerufen. Als wolle Haydn die Banalität des Librettos mit besonderer Kunstfertigkeit kompensieren, überbietet er selbst seine eigene Schöpfung: Die Arienformen der Jahreszeiten sind unkonventioneller, die Instrumentenbehandlung ist innovativer, der musikalische Ausdruck kompromissloser und die Singstimmenbehandlung feinsinniger.