Fokus: »Tacheles« - Jahr der Jüdischen Kultur in Sachsen 2026
Das aus dem Jiddischen bzw. Hebräischen stammende Wort »Tacheles« steht für freie Meinung und Diskurs auf Augenhöhe. Im sächsischen Themenjahr 2026 wird »Tacheles« geredet: Jüdische Stimmen präsentieren persönliche, gesellschaftliche und kulturelle Perspektiven und regen zum Dialog an.
Der Holocaust-Gedenktag am 27. Januar erinnert an die unwiederbringlichen Verluste, die der Vernichtungswahn des nationalsozialistischen Regimes verursachte. Der deutsch-israelische Komponist Paul Ben-Haim entging durch Emigration nach Palästina 1933 dem schlimmsten Wüten Nazi-Deutschlands. In München war er Assistent des späteren Gewandhauskapellmeisters Bruno Walter gewesen, der ebenfalls 1933 floh. Ben-Haims 1. Sinfonie von 1940 erklingt nun erstmals im Großen Concert – an der Seite von Ernest Blochs Avodath Hakodesh.
Das Salonorchester CAPPUCCINO widmet sich dem Theater- und Operettenimperium der Leipziger Brüder Rotter, deren jüdische Herkunft ihnen zum Verhängnis wurde.
Ein Bläserquintett des in Auschwitz ermordeten Pavel Haas und seines Lehrers Leoš Janáček stehen ebenso auf dem Programm des Pasakas Bläserquintetts wie der bis heute kaum bekannte Hans Winterberg. Winterberg, der den nationalsozialistischen Terror trotz Internierung in Theresienstadt überlebte, komponierte nach der Befreiung sein einziges Bläserquintett. Werke von Alexandre Tansman und der mit einem jüdischen Juristen verheirateten Komponistin Ilse Fromm-Michaels ergänzen diese Kammermusik.
HK Gruber und Kirill Gerstein präsentieren einen »Anti-Liederabend« mit Liedern der jüdisch-stämmigen Komponisten Kurt Weill und Hanns Eisler, die musikalische Fußspuren in Leipzig hinterließen. In Liedtexten u. a. von Bertolt Brecht, dem beide eng verbunden waren, spiegeln sich eine Katastrophe, die Errichtung einer neuen Gesellschaft und deren Scheitern.
Alfred Szendrei prägte das Leipziger Musikleben vor dem Zweiten Weltkrieg. Von 1918 bis 1924 wirkte er als 1. Kapellmeister am Leipziger Opernhaus, wo seine Oper Der türkisenblaue Garten uraufgeführt wurde. Anschließend machte er sich als Gründungsdirigent des Leipziger Rundfunk-Sinfonieorchesters und -Chores als Pionier um das Medium Rundfunk verdient. Als ungarisch-stämmiger Jude wurde Szendrei 1931 aus dem Amt gedrängt und emigrierte 1933 nach Frankreich und 1940 in die USA. Das Konzert, in welchem Musikerinnen und Musiker von Gewandhaus, Oper Leipzig und MDR-Sinfonieorchester mitwirken, erinnert an den bedeutenden Musiker, der vor 50 Jahren in Los Angeles verstarb.